Inhalt
Seite 1
Einleitung
Seite 2
Staatliche Beschaffung als innovationspolitisches Instrument
Seite 3
Empirische Evidenz Auf einer Seite lesen

Staatliche Beschaffung als innovationspolitisches Instrument

Technologischer Fortschritt durch FuE ist der wichtigste Wachstumsmotor moderner Ökonomien. Allerdings sind die privatwirtschaftlichen Erträge aus FuE-Aktivitäten und somit die privaten Investitionen in FuE aus gesamtwirtschaftlicher Sicht zu gering. Entsprechend sucht die Politik nach Maßnahmen, private FuE-Aktivitäten zu fördern. Beispielsweise hatten die EU-Mitgliedsländer im Rahmen der Lissabon-Strategie bereits im Jahr 2000 beschlossen, die EU zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Dazu sollten die Investitionen in FuE auf 3% des Bruttoinlandsprodukts angehoben werden. Zwei Drittel der Gesamtinvestitionen in FuE sollten durch die Privatwirtschaft getätigt werden. Dabei sind Subventionen und Steuererleichterungen für private FuE-Aktivitäten wichtige Instrumente der staatlichen Unterstützung. Allerdings zeigt die empirische Evidenz zu den Effekten von FuE-Subventionen und -Steuererleichterungen keine eindeutigen Ergebnisse. Auch der Schlussbericht der Europäischen Kommission stellte fest, dass die Kernziele immer noch nicht erreicht sind.

Aktuell wird in wissenschaftspolitischen Kreisen diskutiert, inwiefern die staatliche Nachfrage als Instrument der FuE- bzw. Innovationsförderung eingesetzt werden kann. Denn Schätzungen zufolge beträgt der Anteil der staatlichen Beschaffung ca. 12% am Bruttoinlandsprodukt im Durchschnitt der OECD-Länder. In den USA wurden Arbeitskreise gegründet, um die Möglichkeiten auszuloten, private FuE mittels staatlicher Nachfrage zu stimulieren. Auch in Europa wird erörtert, wie die staatliche Nachfrage in die Innovationspolitik integriert werden könnte. Australien, Brasilien, China und Südkorea haben ebenfalls Initiativen gestartet, um private FuE durch öffentliche Beschaffung anzuregen. Dabei wird auf die historische Rolle des Staates bei der Entwicklung und Verbreitung von innovativen und FuE-intensiven Technologien und Produkten hingewiesen. Beispielsweise wurden einige heute selbstverständliche Produkte und Technologien wie Halbleiter, große Passagierflugzeuge, das Internet, GPS etc. maßgeblich durch die Nachfrage des Staates in den USA beeinflusst. Auch Beispiele aus Europa wie digitale Telefonie oder Schnellzüge in Schweden und Finnland bezeugen das Potenzial des Staates.

Staatliche Nachfrage und private FuE-Wirkungsmechanismen

Die Rolle der staatlichen Nachfrage für private FuE-Aktivitäten wird zunächst in einem formal-theoretischen Modell analysiert. Das Model basiert auf dem Argument, dass der Staat durch seine Nachfrage den Markt vergrößern und damit zusätzliche FuE-Anreize bei den privatwirtschaftlichen Akteuren induzieren könnte. Ein größerer Markt bedeutet aus der Sicht der Unternehmen eine höhere Ausbringungsmenge, auf die die (Fix-)Kosten der FuE umgelegt werden können. Gleichzeitig erlangt der erfolgreiche Innovator typischerweise eine (temporäre) Monopolstellung, die es ihm erlaubt, Gewinne zu erwirtschaften und FuE-Investitionen zu finanzieren.

Zudem sind die FuE- bzw. Technologieintensität und somit das Wachstumspotenzial in einigen Industrien höher als in anderen, sodass die Effekte einer Marktvergrößerung durch eine Ausdehnung der staatlichen Nachfrage gerade für FuE betreibende Unternehmen besonders stark ausfallen. Entsprechend kann nicht nur das Volumen der staatlichen Nachfrage, d. h., wie viel der Staat insgesamt ausgibt, sondern auch die Art und Zusammensetzung der von ihm nachgefragten Produkte eine Rolle spielen. Insbesondere eine höhere Nachfrage nach innovativen oder technologieintensiven Produkten bzw. in solchen Branchen kann das Volumen an FuE-Investitionen in der Gesamtwirtschaft steigern.

Gesamtwirtschaftlich kann eine steigende staatliche Nachfrage private FuE-Aktivitäten stimulieren, die anderenfalls unterblieben wären. Insbesondere im Falle neuer oder innovativer und technologieintensiver Produkte, bei denen die private Nachfrage nur schwer einschätzbar ist oder zögerlich eintritt, kann der Staat eine wichtige Rolle als Pionierkunde spielen. Der Staat kann durch seine Nachfrage in den frühen Phasen des Lebenszyklus eines Produkts oder einer Technologie so genannte Lerneffekte stimulieren, die den Marktreifeprozess und die Marktdurchdringung beschleunigen. Der Wirkungsmechanismus hier ist wesentlich anders als bei traditionell eingesetzten FuE-Förderinstrumenten, wie FuE-Subventionen oder -Steuererleichterungen, die vor allem die FuE-Kosten senken.

Außerdem in diesem Heft

Cover_Wirtschaft-im-Wandel_2016-3.jpg

Kommentar: Großbritanniens Nein zur EU wird für beide Seiten teuer

Reint E. Gropp

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 3, 2016

Abstract

Die Briten haben sich überraschend klar gegen einen Verbleib ihres Landes in der Europäischen Union entschieden. Das Ausscheiden Großbritanniens aus der EU hat nicht nur politisch, sondern auch ökonomisch tiefgreifende Konsequenzen für das Land selbst, aber auch für das übrige Europa. Entscheidend ist jetzt die Reaktion der verbleibenden Länder auf das Votum, insbesondere die Frankreichs und Deutschlands.

Publikation lesen

Cover_Wirtschaft-im-Wandel_2016-3.jpg

Aktuelle Trends: Turbulenzen an den Finanzmärkten vor und nach dem Brexit-Referendum

Lena Tonzer

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 3, 2016

Abstract

Das Votum der britischen Bevölkerung, den EU-Verbund verlassen zu wollen, hat zu Turbulenzen auf den Finanzmärkten geführt. Bereits vor dem Referendum am 23. Juni 2016 war ein starker Rückgang der Kurse britischer Bankaktien zu beobachten, wenn die Wahrscheinlichkeit eines Brexits in den Umfragen über 50% stieg, verbunden mit einer Abwertung des britischen Pfunds gegenüber den meisten anderen wichtigen Währungen einschließlich des Euro.

Publikation lesen

Cover_Wirtschaft-im-Wandel_2016-3.jpg

Finanzmarktwissen bei Selbstständigen besonders ausgeprägt

Aida Ćumurović Walter Hyll

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 3, 2016

Abstract

Unternehmerische Aktivität ist ein dynamischer Treiber wirtschaftlicher Entwicklung. Finanzmarktwissen befähigt Individuen zu einer besseren Abwägung von Chancen und Risiken. In diesem Beitrag wird geprüft, ob ein höheres Maß an Finanzmarktwissen auch einen Einfluss auf die Entscheidung hat, sich selbstständig zu machen. Dieser Zusammenhang wird auf der Basis von Umfragedaten für Deutschland empirisch bestätigt.

Publikation lesen

Cover_Wirtschaft-im-Wandel_2016-3.jpg

Im Fokus: Industrielle Kerne in Ostdeutschland und wie es dort heute aussieht – Das Beispiel des Metallurgiestandorts Eisenhüttenstadt

Gerhard Heimpold

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 3, 2016

Abstract

Der Metallurgiestandort Eisenhüttenstadt gehörte zu den industriellen Kernen, um deren Erhalt nach Herstellung der Einheit Deutschlands gerungen wurde. Der Beitrag untersucht, wie der Kern nach mehr als 25 Jahren Deutscher Einheit dasteht und welche Entwicklung sich vollzogen hat. Das Eisenhüttenstädter Unternehmen bildet weiterhin den prägenden industriellen Kern für die Region, bei starkem Beschäftigungsrückgang. Nach der Übernahme durch den privaten Investor Ende 1994 wurde die bis dahin existierende produktivitätsmindernde Lücke in der Wertschöpfungskette durch Errichtung eines Warmwalzwerks geschlossen. Auch ein neuer Hochofen wurde errichtet. Das Eisenhüttenstädter Werk gehört heute zu ArcelorMittal, dem weltweit größten Stahlkonzern, und ist einer von vier Stahlproduktionsstandorten des Konzerns in Deutschland. Geforscht wird an anderen Standorten außerhalb Deutschlands. Hergestellt werden qualitativ hochwertige Flachstähle für die zentral- und osteuropäischen Märkte. Die Produktion ist hochmodern und wettbewerbsfähig, sieht sich aber insbesondere durch Importwettbewerb und Pläne der EU-Kommission für den Emissionsrechtehandel herausgefordert. Weiterer Strukturwandel und wirtschaftliche Diversifizierung sind in Eisenhüttenstadt vonnöten.

Publikation lesen

Cover_Wirtschaft-im-Wandel_2016-3.jpg

6th Halle Forum on Urban Economic Growth: “What are the Factors of Success for Cities in the Process of European Integration?”

Martin Gerischer Martin T. W. Rosenfeld

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 3, 2016

Abstract

Am 7. und 8. April 2016 fand am IWH zum sechsten Mal das „Halle Forum on Urban Economic Growth“ statt, das seit 2006 im Abstand von jeweils zwei Jahren veranstaltet wird. Der Fokus der diesjährigen Tagung lag auf den Herausforderungen, die sich aus der zunehmenden europäischen Integration für die Entwicklung der Städte bzw. bestimmter Kategorien von Städten ableiten lassen.

Publikation lesen

Ihr Kontakt

Für Wissenschaftler/innen

Dr. Viktor Slavtchev
Dr. Viktor Slavtchev

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Anfrage per E-Mail

Für Journalistinnen/en

Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft LogoTotal-Equality-LogoGefördert durch das BMWK