Die wirtschaftliche Lage der Republik Belarus - Überalterung des Kapitalstocks wird zur Wachstumsbarriere - achtzehnter Bericht
IWH-Sonderhefte,
Nr. 5,
2001
Abstract
Das reale Bruttoinlandsprodukt und die reale Industrieproduktion nahmen im vergangenen Jahr um 6% bzw. 8% zu. Auch blieb die offiziell registrierte Arbeitslosigkeit weiterhin auf einem sehr niedrigen Niveau von etwa 2% der Erwerbspersonen. Die Republik Belarus gehört aber damit nur auf den ersten Blick zu den wirtschaftlich erfolgreichen Ländern Mittel- und Osteuropas. Diese "Erfolge" wurden nämlich zu einem hohen Preis erkauft: Die Inflationsrate blieb auf einem dreistelligen Niveau (169%). Die Anlageinvestitionen nahmen ab, sodass sich der Zustand des Kapitalstocks weiter verschlechterte. Faktisch besteht der Kapitalstock zur Hälfte aus Anlagen, die vollständig abgeschrieben wurden. Die Wirtschaftspolitik der Regierung setzte vor allem auf die Förderung des privaten Konsums und die Sicherung einer möglichst hohen Beschäftigung, auch durch Aufrechterhaltung unrentabler Produktionen. Ein Strukturwandel fand nicht statt. Die Privatisierung wurde faktisch abgebrochen. Dabei zeigte sich, dass die ständige Steigerung der Reallöhne (12% im vergangenen Jahr) und des privaten Konsums bei rückläufigen Investitionen einen Substanzverzehr nach sich zieht: Der Kapitalstock wurde in konsumierbares Einkommen umgewandelt. Abgesichert wurde diese falsche Politik durch eine übermäßige Ausweitung der Geldmenge, in deren Ergebnis der Monetisierungsgrad der belarussischen Wirtschaft im vergangenen Jahr auf ein Niveau von 5% fiel, welches das geringe Vertrauen in die Währung reflektiert. Das Defizit in der Leistungsbilanz verringerte sich zwar etwas im vergangenen Jahr. Die Steigerung der realen Exporte bei gleichzeitiger Senkung der realen Importe wurde aber durch die drastische Verschlechterung der Terms of Trade, insbesondere im Handel mit Russland (- 20%), weitgehend kompensiert. Die ökonomisch zweifelhafte Konzentration der Exporte auf Russland wurde via Gegengeschäfte, insbesondere Barter, durchgesetzt, in dessen Folge belarussische Exporteure erhebliche Preisabschläge hinnehmen mussten. Auf diese Weise wurde ein Teil des zusätzlichen Volkseinkommens nach Russland transferiert. Positiv ist lediglich zu verbuchen, dass im September des vergangenen Jahres ein einheitlicher Wechselkurs eingeführt wurde. Problematisch am neuen Wechselkurssystem ist allerdings die Einführung eines gleitenden Bandes, wobei die zentrale Parität an den Rubel gebunden wurde. Diese in Vorausnahme der beabsichtigten Währungsunion eingeführte Bindung erhöht die Gefahr einer realen Aufwertung gegenüber dem US-Dollar und dem Euro. Darüber hinaus stellt ein gleitendes Band einen nur schwachen Versuch dar, das fehlende Vertrauen in die Landeswährung wieder herzustellen. Das Wachstum des BIP wird im laufenden Jahr 2001 wahrscheinlich 4% betragen (der Industrie 5%). Die anstehenden Präsidentschaftswahlen in diesem Jahr lassen eine erhebliche Expansion der Reallöhne und der Geldmenge erwarten. Entsprechend dem Muster der vergangenen Jahre würde dies mit einer weiteren Abschwächung der Investitionen und damit einem weiteren Substanzverlust in der Wirtschaft einhergehen. Die Inflationsrate wird trotz erheblicher Ausweitung der Geldmenge mit 150% in etwa auf dem Niveau des Jahres 2000 verbleiben; eine niedrigere Rate wird auch mit neuen administrativen Preiskontrollen kaum zu erreichen sein
Artikel Lesen
Die Unternehmenslücke zwischen Ost- und Westdeutschland - ein zentrales Problem der ostdeutschen Wirtschaft
Gerhard Heimpold
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 9,
2001
Abstract
Der Unternehmensbesatz gehört zu den zentralen Entwicklungsdeterminanten von Volkswirtschaften und Regionen, weil er den Wettbewerb, die Beschäftigung und das Innovationsgeschehen beeinflusst. In Ostdeutschland, wo seit Mitte der 90er Jahre der gesamtwirtschaftliche Aufholprozess ins Stocken geraten ist, ist der Befund zum Unternehmensbesatz ambivalent. Einerseits kann die Existenz von rund einer halben Million Selbstständiger und einer ähnlich großen Zahl von Unternehmen bei den Industrie- und Handelskammern sowie rund 157 000 Betrieben des Handwerks und handwerksähnlichen Gewerbes – verglichen mit der Ausgangssituation – als beachtlich angesehen werden. Trotz der Verbreiterung der Unternehmensbasis bleibt jedoch in Ostdeutschland eine deutliche Unternehmenslücke, gemessen an den Verhältnissen in den alten Ländern. Die Entwicklung des Gründungsgeschehens, wie sie näherungsweise an der Gewerbeanzeigenstatistik abgelesen werden kann, spricht nicht dafür, dass sich diese Lücke rasch schließt. Die Schaffung eines aufgeschlossenen Klimas für das Unternehmertum in den neuen Ländern bleibt daher als gesellschafts- und wirtschaftspolitische Herausforderung auf der Tagesordnung.
Artikel Lesen
Trotz weltweiter Konjunkturschwäche verstärkt sich das Wachstum der gesamtwirtschaftlichen Produktion in Ostdeutschland etwas
Hans-Ulrich Brautzsch, Brigitte Loose, Udo Ludwig
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 7,
2001
Abstract
Im Aufsatz wird die Entwicklung in Ostdeutschland ex-post bis 2000 analysiert und für die Jahre 2001 und 2002 wird eine Prognose abgegeben. Ausgangspunkt der Untersuchung ist die Analyse des Einflusses der anhaltenden Korrekturen im überdimensionierten Baugewerbe und beim Staat auf das gesamtwirtschaftliche Wachstum in Ostdeutschland. In ausführlicher Form werden die Wachstumschancen und Probleme der großen Wirtschaftsbereiche “Verarbeitendes Gewerbe“ und “Baugewerbe“ analysiert, wobei Produktivität, Arbeitskosten und Lohnstückkosten eine zentrale Rolle spielen.
Artikel Lesen
Produktivitätsrückstand der ostdeutschen Wirtschaft: Eine zusammenfassende Bewertung
Joachim Ragnitz
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 7,
2001
Abstract
Zehn Jahre nach der deutschen Vereinigung erreicht die Wirtschaft in Ostdeutschland im Durchschnitt erst ein Niveau der Arbeitsproduktivität, das bei zwei Dritteln des entsprechenden westdeutschen Wertes liegt. Nach erheblichen Produktivitätssteigerungen in der ersten Phase des Umstrukturierungsprozesses ist in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre eine weitere Konvergenz der Arbeitsproduktivitäten kaum noch festzustellen. Da die Produktivität als Schlüsselgröße für die weitere Einkommensentwicklung, für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und den Transferbedarf der neuen Länder gelten kann, ist die Frage nach den Ursachen des Produktivitätsrückstands von unmittelbarem – auch wirtschaftspolitischem – Interesse. Im Rahmen einer umfassenden Untersuchung8 hat das Institut für Wirtschaftsforschung Halle deshalb die Gründe für die Produktivitätslücke zwischen Ost- und Westdeutschland näher analysiert und Schlussfolgerungen für den weiteren Konvergenzprozess der ostdeutschen Wirtschaft abgeleitet. In diesem Artikel werden die wichtigsten Ergebnisse dieser Studie vorgestellt.
Artikel Lesen
Braucht Ostdeutschland eine neue Technologiepolitik? - Implikationen aus der Funktionsfähigkeit des Marktes für FuE nach der Transformation
Ralf Müller
IWH Discussion Papers,
Nr. 145,
2001
Abstract
Einen wesentlichen Teil der Wirtschaftsförderung in Ostdeutschland bildet die Förde-rung unternehmerischer Forschung und Entwicklung (FuE). Trotzdem bestehen noch zehn Jahre nach der Vereinigung erhebliche Defizite Ostdeutschlands für die Herstellung von Technologiegütern. Dies wirft die Frage auf, ob überhaupt eine spezielle För-derung von FuE-Aktivitäten sinnvoll ist oder aber, soweit dies der Fall ist, die derzeit ergriffenen Maßnahmen nicht wirksam und daher durch andere zu ersetzen sind. Hierzu zeigt sich, dass generell eine Technologiepolitik für Ostdeutschland durch das dortige Fehlen von Netzwerken begründbar ist; ohne eine dies kompensierende Förderung droht ein Fortbestand der schwachen Aktivität Ostdeutschlands in der Erstellung von Technologiegütern und damit entsprechende Einkommensnachteile. Ein Gutteil der für Ost-deutschland angewandten technologiepolitischen Instrumente ist jedoch nicht problemadäquat, da keine Beiträge zur Netzwerkbildung entstehen. Eine künftige ostdeutsche Technologiepolitik sollte dem Rechenschaft tragen, so insbesondere durch eine ver-stärkte Förderung von FuE-Infrastruktur, die die Bildung solcher Netzwerke erleichtert.
Artikel Lesen
Insolvenzrecht und Unternehmensumstrukturierung in Transformationsländern: Das Beispiel Russland
Thomas Linne
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 6,
2001
Abstract
Wirtschaft im Wandel 6/2001 147 Ein zentrales Element der Transformationsprozesse in den Länder Mittel- und Osteuropas sind institutionelle Anpassungen. Diese Anpassungspro- zesse sind unabdingbare Voraussetzung für ein stabiles, längerfristiges Wirtschaftswachstum. Ein wichtiger Bestandteil der institutionellen Rahmenbedingungen ist dabei das Insolvenzrecht. Im Zuge der Novellierung des russischen Insolvenzgesetzes vom März 1998 kam es zu einem Anstieg der Unternehmensinsolvenzen. Die steigenden Insolvenz- zahlen sind im Sinne einer härteren Budgetrestriktion für die Unternehmen und verstärkten Anreizen für eine bessere Unternehmensführung positiv zu beurteilen. Gleichwohl bestehen noch erhebliche institutionelle Hemmnisse: Die Sanierungsverfahren von insolventen Unternehmen werden häufig noch zur Konkursverschleppung zweckentfremdet. Staatliche Gläubiger betrieben den Forderungseinzug gegenüber säumigen Schuldnern weniger energisch als andere Gläubiger und setzten so teilweise die Subventionierung von Unternehmen verdeckt fort. Die schwache Stellung der gesicherten Gläubiger im Insolvenzverfahren ist weiterhin unbefriedigend. Eine Besserstellung dieser Gruppe könnte den Unternehmen einen leichteren Zugang zu Krediten eröffnen und damit positive Impulse für die Fortsetzung der realwirtschaftlichen Transformation liefern.
Artikel Lesen
Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse: hohe Kopfzahl, geringes Arbeitsvolumen
Hans-Ulrich Brautzsch
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 6,
2001
Abstract
Zur Beurteilung der Lage am Arbeitsmarkt kann die Erwerbstätigenzahl und/oder das Arbeitsvolumen herangezogen werden. Im Falle der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse ist die Betrachtung der Erwerbstätigenzahl allerdings problematisch: Im Jahr 2000 befand sich zwar mehr als jeder zehnte Erwerbstätige in einem geringfügig entlohnten Beschäftigungsverhältnis. Das durch diese Beschäftigung gebundene Arbeitsvolumen machte jedoch nur 2,6% der gesamtwirtschaftlichen Arbeitsleistung aus. In einigen Wirtschaftszweigen – wie beispielsweise dem Reinigungs- oder Verlagsgewerbe – sind derartige Beschäftigungsverhältnisse dennoch von substantieller Bedeutung.
Artikel Lesen
Die Lage der Weltwirtschaft und der deutschen Wirtschaft im Frühjahr 2001
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 5,
2001
Abstract
Beurteilung der Wirtschaftslage durch folgende Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft deutscher wirtschaftswissenschaftlicher Forschungsinstitute e.V., Essen:
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin; Hamburgisches Welt-Wirtschafts-Archiv, Hamburg; ifo Institut für Wirtschaftsforschung, München; Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel; Institut für Wirtschaftsforschung Halle; Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung, Essen
Artikel Lesen
Beschäftigungsschwelle tendenziell rückläufig
Christian Dreger, Hans-Ulrich Brautzsch
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 4,
2001
Abstract
Der Artikel untersucht, wie sich die Beschäftigungsschwelle des Wirtschaftswachstums in Ländern der Europäischen Währungsunion im Zeitablauf entwickelt hat. Es zeigt sich, dass die Beschäftigungsschwelle eher gesunken ist, sodass für einen Abbau der Arbeitslosigkeit am aktuellen Rand vergleichsweise geringere Raten des Wirtschaftswachstums erforderlich sind. Das Wachstum muss jedoch von strukturellen Reformen am Arbeitsmarkt begleitet sein.
Artikel Lesen
Arbeitsmarktentwicklung an der früheren innerdeutschen Grenze - Was folgt daraus für die Regionen an den EU-Ostgrenzen?
Franz Barjak
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 4,
2001
Abstract
Der vorliegende Beitrag beschreibt ausgewählte Entwicklungen auf den Arbeitsmärkten beiderseits der früheren innerdeutschen Grenze. Sie können als exemplarisch hinsichtlich der Konsequenzen einer Grenzöffnung für die regionalen Arbeitsmärkte entlang der derzeitigen EU-Ostgrenze angesehen werden. Es wird gezeigt, dass sich die ehemalige ostdeutsche Grenzregion günstiger, ihre Nachbarregion im Westen dagegen eher ungünstiger entwickelt hat, als die Bundesländer, denen die Regionen zugehören. Dies spiegeln sowohl die Arbeitslosigkeits-und Beschäftigungsdaten als auch die Lohn- und Gehaltsdaten in der Industrie wider. In der Folge dieser Entwicklungen auf den Arbeitsmärkten haben auch die Pendlerbewegungen zwischen den ost- und den westdeutschen Grenzregionen weniger zugenommen als zwischen den Bundesländern. Eine mögliche Ursache für die eher ungünstige Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt im westdeutschen Grenzraum könnten ungünstige Standortbedingungen sein, die dazu beigetragen haben, dass Unternehmen nach dem Wegfall der Zonenrandförderung den Raum als Investitionsstandort in geringerem Maße angenommen haben. Dies kommt in einem überdurchschnittlichen Rückgang der Investitionstätigkeit im Grenzraum West im Vergleich zu den Grenzländern zum Ausdruck. Übertragen auf die Situation an den Ostgrenzen der EU lässt sich daraus schließen, dass die Regional- und Strukturpolitik versuchen sollte, die Standortbedingungen zu verbessern, die heutigen EU-Grenzregionen als Integrations- und Kooperationsraum auszubauen und den wirtschaftlichen Aufschwung in den Beitrittsländern zu fördern, damit diese in Zukunft noch mehr Produkte in der EU allgemein und in den Grenzregionen insbesondere nachfragen. Dagegen erscheint eine Beschränkung der Freizügigkeit als wenig geeignet, um negative Arbeitsmarkteffekte abzuwenden.
Artikel Lesen