Editorial
Ulrich Blum
Wirtschaft im Wandel,
Themenheft Weltfinanzkrise -
2009
Abstract
Bei den großen staatsphilosophischen Denkern nimmt die Frage der Rechtfertigung des Staates eine bedeutende Rolle ein. Aus ihr definiert sich das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Staat und Bürgern – ob zweiseitiger oder Begünstigungsvertrag –, der Machtanspruch des Staates – ob starker oder schwacher Staat –, die Mitbestimmungsrechte – von volonté générale und Etatismus zu volonté particulière und klassischem Liberalismus – bis hin zur Frage, ob die Möglichkeit besteht, den Vertrag zu kündigen – kollektiv oder durch Emigration. Vor etwa einem Jahr ist eine neue Staatsrechtfertigung hinzugetreten. Systemrelevanz: Sie besagt, dass es in der Wirtschaft institutionelle Arrangements gibt, in denen intern alles miteinander verbunden, alles endogen ist und die nach außen nicht ersetzt werden können. Auch wenn solche Arrangements wettbewerblich organisiert sind, kann der Zusammenbruch eines Unternehmens dazu führen, dass nicht nur die anderen Unternehmen innerhalb dieses Arrangements, sondern das gesamte Wirtschaftssystem mitgerissen werden. Die Zerstörung wäre damit vollständig, einzelne Komponenten ließen sich nicht isolieren, in Quarantäne stellen und retten. Der Kollaps wäre total. Sobald also etwas als „systemisch“ identifiziert wird, darf – ja muss – der Staat im Fall einer Krise eingreifen, um deren Bewältigung zu organisieren. Denn die klassischen Instrumente der Wirtschaftspolitik greifen offensichtlich nicht mehr: Eine Neutralisierungspolitik, welche die Folgen für die Betroffenen abmildert – klassisch ist die Zahlung von Arbeitslosenunterstützung – wird unbezahlbar, sobald das Gesamtsystem zusammenbricht. Ein ursachengerechter Eingriff erscheint ebenso nicht denkbar, weil der singuläre Wirkungskanal fehlt. Früher sah man Geld als eine Institution an, die öffentlich zu organisieren war, und die Erfahrung lehrt, dass diese Einschätzung richtig ist. Heute stehen offensichtlich die Finanzinstitutionen im Allgemeinen unter dem Schutz des Staates.
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Auch zehn Jahre nach Euro-Einführung kann Wechselkursentwicklung nicht fundamental erklärt werden
Tobias Knedlik
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 1,
2009
Abstract
Am 01.01.2009 feiert der Euro seinen zehnten Geburtstag. Mit der Einführung der Gemeinschaftswährung verlor der Fremdwährungsaußenhandel in Europa an Bedeutung. Dennoch stellt der Außenhandel mit Ländern außerhalb der Eurozone weiterhin einen wichtigen Teil der wirtschaftlichen Aktivität dar und beläuft sich auf über ein Viertel des deutschen Bruttoinlandprodukts. Deshalb bleibt der Außenwert des Euro von wesentlicher Bedeutung für die deutsche Wirtschaft. Der Verlauf der Wechselkursentwicklung zeigt eine Phase der Abwertung des Euro, die unmittelbar nach Einführung der neuen Währung einsetzte und ihren Tiefpunkt Ende 2000 erreichte. Seit dieser Zeit wertet der Euro, abgesehen von einer Delle im Jahr 2005, nahezu stetig auf. Erst die aktuelle Finanzkrise stoppte seinen Aufwärtstrend.
In diesem Beitrag wird untersucht, ob die Schwankungen des Euro-Wechselkurses durch zwei zentrale theoretische Konzepte zur Wechselkursbestimmung erklärt werden können. Die empirische Analyse zeigt, dass weder die Gültigkeit der Kaufkraftparitätentheorie noch die Gültigkeit der Zinsparitätentheorie für den Euroraum bestätigt werden kann. Für die Prognosetätigkeit lässt sich daraus schlussfolgern, dass die Verwendung von Zufallsprozessen für die Beschreibung des Wechselkursverlaufs gerechtfertigt ist. Bezüglich der Währungspolitik bliebe zu fragen, welche Alternativen zum ungesteuerten Wechselkurs möglich wären, um der Bedeutung des Wechselkurses für die Geldpolitik gerecht zu werden.
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Aktuelle Trends: IWH-Konjunkturbarometer Ostdeutschland: Stagnation im dritten Quartal 2008
Udo Ludwig
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 11,
2008
Abstract
Nach der anhaltenden Expansion der wirtschaftlichen Aktivität in der ersten Jahreshälfte ist die ostdeutsche Wirtschaft in den Monaten Juli bis September vom Abschwung voll erfasst worden. Das Bruttoinlandsprodukt ist laut der Vierteljahresrechnung des IWH nicht mehr gestiegen. Maßgeblich dafür war die Industrie. Sie hat nach dem kräftigen Anstieg der Produktion im Verlauf des ersten Halbjahrs nicht mehr zugelegt, real aber bereits weniger abgesetzt als in den Monaten davor. Rückschläge gab es beim Umsatz im Ausland, während die Verkäufe von in den Neuen Ländern gefertigten Industriegütern in Deutschland gestiegen sind. Im Baugewerbe hat sich die Lage nach den Schwankungen infolge der Gunst des milden Winters stabilisiert.
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Vergleich der Kreditrisikobewertung bei Berücksichtigung von Schätzunsicherheit und Korrelation – Welche Risikokomponente Sollten Unternehmen bei der Bewertung von Forderungsportfoliorisiken wann berücksichtigen?
Henry Dannenberg
Die Unternehmung Swiss Journal of Business Research and Practice,
2008
Abstract
Die Bewertung der Ausfallwahrscheinlichkeiten von Ratingklassen, basierend auf historischen Daten, ist mit Schätzunsicherheit verbunden. Zur Bewertung dieser Unsicherheit werden in der Literatur Konfidenzintervalle diskutiert. Diesen liegen allerdings Annahmen bezüglich der Abhängigkeiten zwischen einzelnen Forderungen zugrunde, die im Widerspruch zu den Annahmen der gängigen Kreditportfoliomodelle stehen. Im vorliegenden Beitrag wird anhand von Simulationsstudien gezeigt, dass eine Berücksichtigung von Schätzunsicherheit in kleinen Portfolios gerechtfertigt sein kann, auch wenn dafür Abhängigkeiten vernachlässigt werden müssen. Die Modellierung der Schätzunsicherheit beruht hier auf der Idee der Konfidenzintervalle und der ihnen zugrundeliegenden Verteilungen. Die Ergebnisse der Arbeit sind vor allem für die Modellierung von Forderungsportfolios in Unternehmen von Interesse.
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Der Importgehalt der Exporte im Lichte von jeweiligen und konstanten Preisen
Hans-Ulrich Brautzsch, Udo Ludwig
Beitrag in IWH-Sammelwerk,
aus "Neuere Anwendungsfelder der Input-Output-Analyse in Deutschland - Tagungsband - Beiträge zum Halleschen Input-Output-Workshop 2006"
2007
Abstract
Die zunehmende internationale Arbeitsteilung führt dazu, dass bei der Fertigung deutscher Exportgüter verstärkt importierte Vorleistungen eingesetzt werden. So ist ein Anstieg der exportinduzierten Importe zu beobachten, der sich in der zweiten Hälfte der 90er Jahre beschleunigt hat (vgl. Statistisches Bundesamt 2004; Brautzsch und Ludwig 2004, 2005). Dies nährt die Befürchtung, dass im Zuge der Globalisierung nationale Produktion verdrängt wird und in Deutschland Arbeitsplätze verloren gehen. Mit dem Schlagwort „Basarökonomie Deutschland“ wurde diese Tendenz auf den Punkt gebracht.
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Für einen nachhaltigen Beitragssatz in der Arbeitslosenversicherung
Ingmar Kumpmann
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 11,
2007
Abstract
Angesichts der aktuellen Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit (BA) plant die Bundesregierung eine neue Senkung des Beitragssatzes der Arbeitslosenversicherung von 4,2% auf 3,3% des Bruttolohns. Diskutiert wird auch ein noch weitergehender Schritt. Allerdings sind kurzfristig entstehende Budgetüberschüsse der BA kein hinreichender Grund für eine Beitragssenkung. Vielmehr würde durch eine stärkere Beitragssenkung im jetzigen Aufschwung die Gefahr einer neuen Beitragserhöhung in der nächsten Krise entstehen.
Die Arbeitslosenversicherung federt den Einkommensausfall bei Arbeitsplatzverlust ab und stabilisiert so in Phasen wirtschaftlichen Abschwungs die Kaufkraft. Um diesen konjunkturell antizyklischen Effekt zu erhalten und die Planungssicherheit der Unternehmen zu verbessern, ist ein zyklusübergreifend stabiler Beitragssatz anzustreben. Die Kombination aus zyklisch schwankenden Ausgaben und konstantem Beitragssatz führt dazu, daß die Arbeitslosenversicherung im Aufschwung Überschüsse erzielt, die sie zur Finanzierung von Defiziten im Abschwung benötigt und die deshalb weder durch Beitragssenkungen noch Ausgabensteigerungen zunichte gemacht werden dürfen. Zu fragen wäre allerdings, ob z. B. durch die zurückhaltende Lohnpolitik oder die Arbeitsmarktreformen der vergangenen Jahre die Arbeitslosigkeit nicht nur konjunkturell, sondern zyklusübergreifend gesunken und dadurch eine Beitragssenkung zu rechtfertigen ist. Dies ist derzeit noch schwer zu beurteilen und in der arbeitsmarktpolitischen Debatte umstritten. Deshalb sollte eine stärkere Beitragssenkung erst vorgenommen werden, wenn sich im nächsten konjunkturellen Abschwung zeigt, daß diese nachhaltig finanzierbar ist. Eine Beitragssenkung zu dem Zweck, versicherungsfremde Leistungen nicht mehr von den Beitragszahlern finanzieren zu lassen, ist grundsätzlich erstrebenswert, müßte aber zur Gegenfinanzierung mit einer entsprechenden Steuererhöhung kombiniert werden. Aufgrund dieser Überlegungen ist eine Beitragssenkung unter einen Satz von etwa 3,9% derzeit als problematisch einzustufen.
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Schätzunsicherheit oder Korrelation, Welche Risikokomponente sollten Unternehmen bei der Bewertung von Kreditportfoliorisiken wann berücksichtigen?
Henry Dannenberg
IWH Discussion Papers,
Nr. 5,
2007
Abstract
Die Bewertung der Ausfallwahrscheinlichkeiten von Ratingklassen, basierend auf historischen Daten, ist mit Schätzunsicherheit verbunden. Zur Bewertung dieser Unsicherheit werden in der Literatur Konfidenzintervalle diskutiert. Diesen liegen allerdings Annahmen bezüglich der Abhängigkeiten zwischen einzelnen Forderungen zugrunde, die im Widerspruch zu den Annahmen der gängigen Kreditportfoliomodelle stehen. Im vorliegenden Beitrag wird anhand von Simulationsstudien gezeigt, dass eine Berücksichtigung von Schätzunsicherheit in kleinen Portfolios gerechtfertigt sein kann, auch wenn dafür Abhängigkeiten vernachlässigt werden müssen. Die Modellierung der Schätzunsicherheit beruht hier auf der Idee der Konfidenzintervalle und der ihnen zugrundeliegenden Verteilungen. Die Ergebnisse der Arbeit sind vor allem für die Modellierung von Forderungsportfolios in Unternehmen von Interesse.
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Editorial
Ulrich Blum
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 1,
2007
Abstract
„Prognose ersetzt den Zufall durch den Irrtum!“ Ist dieser ketzerische Ausspruch angesichts des systematischen Unterschätzens des Wirtschaftswachstums des Jahres 2006 gerechtfertigt? Auch solche Forschungseinrichtungen, die mit großem Aufwand das Wirtschaftsgeschehen originär verfolgen und Prognosen in großer fachlicher Breite, also nicht nur auf das Bruttoinlandsprodukt beschränkt abgeben, lagen daneben. Soll man künftig darauf verzichten?
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Grips und Beton
Joachim Ragnitz
Externe Publikationen,
Nr. 31,
2006
Abstract
Ein häufig geäußerter Vorwurf lautet, daß sich die ostdeutschen Länder zu hohe laufende Ausgaben leisten und damit die für den Aufbau Ost vorgesehenen Gelder für konsumtive Zwecke verwenden. In diesem Beitrag wird ausgehend von einer Klassifikation der Ausgaben gezeigt, daß dieser Vorwurf in dieser Allgemeinheit nicht gerechtfertigt ist. Tatsächlich ist auch ein Teil der laufenden Ausgaben "wachstumsrelevant"; gleichzeitig gilt dies für einen Teil der investiven Ausgaben nicht. Der Artikel plädiert deshalb für eine differenziertere Betrachtung der Ausgabenstrukturen in den öffentlichen Haushalten. Anstelle einer pauschalen Kürzung laufender Ausgaben sollte bei notwendigen Konsolidierungsschritten auch die Wachstumswirksamkeit der einzelnen Ausgabenkategorien berücksichtigt werden.
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Internationale Rankings der Wettbewerbsfähigkeit von Volkswirtschaften: geringer diagnostischer und prognostischer Aussagehalt
Harald Lehmann
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 10,
2006
Abstract
Im Rahmen eines Gutachtens für das Bundesfinanzministerium wurde durch das IWH und Prof. Dr. U. Heilemann (Universität Leipzig) untersucht, welchen diagnostischen und prognostischen Aussagegehalt internationale Rankings zur Wettbewerbsfähigkeit von Volkswirtschaften besitzen und welche Bedeutung ihnen damit als Instrument der Politikberatung zukommt. In den vergangenen Jahren sind eine Reihe dieser Länderranglisten veröffentlicht worden, die laufend aktualisiert, aber auch modifiziert werden. Auf der Grundlage umfangreicher Kennzahlensysteme werden hierbei Ranking-Indizes berechnet, die Aussagen über die aktuelle und künftige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der betrachteten Länder liefern sollen. Dies entspringt dem Bedürfnis nach Reduktion hoch dimensionaler, komplexer Zusammenhänge auf einfache Positionsangaben. Angesichts der zunehmenden Beachtung, die solche Berechnungen in der interessierten Öffentlichkeit und Politik erfahren, stellt sich die Frage nach der Bewertung dieser Ergebnisse, zumal sie gerade für Deutschland seit Jahren eine relative Verschlechterung anzeigen. Am Beispiel der drei in Deutschland bekanntesten Rankings – des „Global Competitiveness Report“ des Weltwirtschaftsforums (WEF), Genf, des „World Competitiveness Yearbook“ des International Institute for Management Development (IMD), Lausanne, und des „Internationalen Standort-Ranking 2004“ der Bertelsmann Stiftung, Gütersloh, – zeigt sich, daß solche Rankings in der konkreten Umsetzung aber auch in der Grundkonzeption erhebliche Defizite aufweisen. Sie beruhen allenfalls auf partiell plausiblen wirtschaftstheoretischen Überlegungen, was angesichts der diffusen Theorielage nicht überraschend ist, aber der beanspruchten Wissenschaftlichkeit entgegen steht. Zudem haben „ungeprüfte“ subjektive Einschätzungen – die im Rahmen von Befragungen ermittelt werden – in einigen Rankings großen Einfluß auf die Ergebnisse. Das Vorgehen bei der Kennzahlenaggregation wird nur unzureichend begründet und trägt neben der fehlenden Vergleichbarkeit vieler Angaben zu den Unterschieden in der Bewertung der Länder bei, wenn man die konkurrierenden Ansätze gegenüberstellt. Die größten Einwände aus der Beratungs- bzw. Handlungsperspektive ergeben sich aber aus zwei simplen Befunden der vorliegenden Untersuchung: die nur schwer überzeugend zu rechtfertigende ordinale Bewertung der Länder und die geringe prognostische Leistungsfähigkeit der untersuchten Rankings. Zwar ist ihnen eine gewisse Aufmerksamkeitsfunktion nicht abzusprechen, aus wirtschaftspolitischer Sicht ist ihr diagnostischer und therapeutischer Gehalt aber gering.
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