Russland: Transformationsopfer oder Finanzkrisenopfer?
Marina Grusevaja
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 8,
2009
Abstract
Die Weltfinanzkrise hat Schwächen des russischen Wirtschaftssystems offenbart, die mit dem Weg der Transformation von der Plan- zur Marktwirtschaft in Zusammenhang stehen und nicht allein auf einen Verfall der Rohölpreise zurückzuführen sind. Die Engpässe bei der Kreditvergabe aufgrund der weltweit gesunkenen Liquidität treffen in Russland noch auf eine besonders hohe kurzfristige Direktverschuldung der Privatunternehmen im Ausland und auf eine einseitige wirtschaftspolitische Orientierung auf die Förderung der Rohstoffindustrie sowie der rohstoffnahen Industriezweige. Bis Mitte 2008 hatte die Auslandsverschuldung der privaten Banken und Nicht-Banken kräftig zugenommen und die Abhängigkeit der russischen Wirtschaft von den Entwicklungen auf den internationalen Finanzmärkten erheblich verstärkt. Diese neue Abhängigkeit verstärkte die Anfälligkeit der Ex-porteinnahmen für die sinkenden Preise auf den Rohstoffmärkten. Die jüngste Abwertung des Rubel hat das Problem der Direktverschuldung noch verschärft. Die hohe Direktverschuldung des Unternehmenssektors im Ausland und die Abhängigkeit von Rohstoffexporten sind typische Ergebnisse des russischen Transformationswegs. Denn zum einen ist der Bankensektor nicht in der Lage, den Finanzierungsbedarf des Unternehmenssektors außerhalb der Rohstoffindustrien zu finanzieren, sodass die Unternehmen kurzfristig ins Ausland ausweichen müssen. Zum anderen hat die wirtschaftspolitische Strategie der vergangenen 17 Jahre den Einfluss des Staates auf den Rohstoffsektor wieder verstärkt – mit dem Ziel, diesen Sektor vorrangig auszubauen. Die hohe Marktkonzentration wirkt sich daher negativ auf die Anpassungsfähigkeit und -flexibilität des realwirtschaftlichen Sektors in Krisenzeiten aus. Die gegenwärtige Politik der Regierung ist kurzfristig orientiert und zielt auf direkte Finanzhilfen sowie protektionistische Maßnahmen ab. Ihre langfristigen Effekte könnten allerdings in einem stärkeren Eingriff des Staates in die Wirtschaft liegen. Vor diesem Hintergrund wird die Krise in Russland länger andauern als in den anderen Transformationsländern.
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Mittelfristige Wirtschaftsentwicklung und öffentliche Finanzen
Kristina vanDeuverden, Rolf Scheufele
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 1,
2009
Abstract
Die derzeitige Lage der Weltwirtschaft ist von gravierender Unsicherheit gekennzeichnet. Ein Einbruch der wirtschaftlichen Aktivität hat stattgefunden; wie lang und wie schwer die Rezession aber sein wird, ist nicht leicht einzuschätzen. Gerade in dieser Situation ist eine Projektion der konjunkturellen, noch mehr aber der wirtschaftlichen Entwicklung in der mittleren Frist schwierig.
Allerdings müssen wirtschaftliche und politische Entscheidungen nicht nur in einfachen Zeiten getroffen werden. Die Entwicklung der wirtschaftlichen Grundtendenz ist eine wichtige Entscheidungsgrundlage. Auch die Lage der öffentlichen Haushalte und ihre Veränderung über die Zeit sind von grundlegender Bedeutung. Zwar werden neue politische Maßnahmen die Projektion schnell veralten lassen, dennoch ist sie eine hilfreiche Bestandsaufnahme im Vorfeld weiterer Beschlüsse.
In der hier vorgelegten Projektion ist angenommen, dass es gelingt, das Finanzsystem zu stabilisieren, und dass sich bis zum Ende des Projektionszeitraums bremsende Einflüsse auf die Realwirtschaft zurückgebildet haben werden.
Unter dieser Bedingung wird das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland im Jahr 2009 um 1,9% sinken. In den Jahren 2010 bis 2013 wird es allerdings mit durchschnittlich 1½% wieder spürbar zulegen. Erste Impulse werden dabei vom Außenhandel ausgehen, später wird die wirtschaftliche Dynamik vor allem von der Inlandsnachfrage getragen werden.
Die Lage der öffentlichen Haushalte wird sich im Gefolge der Finanzkrise deutlich verschlechtern. Neben direkten Auswirkungen der Finanzkrise auf die öffentlichen Haushalte – so der „Schutzschirm“ für die Banken – werden vor allem die realwirtschaftlichen Folgen die Haushalte belasten. Insbesondere wenn die Rezession auf den Arbeitsmarkt übergegriffen hat, werden Mehrausgaben und Mindereinnahmen die Defizite anschwellen lassen. Außerdem sind bereits Maßnahmen zur Stützung der Konjunktur verabschiedet worden, die sich belastend auf die Budgets auswirken.
Nach der hier vorgestellten Projektion wird der öffentliche Gesamthaushalt bis zum Ende des Projektionszeitraums deutliche Defizite aufweisen, allerdings wird die Defizitgrenze des Maastrichter Vertrags nicht überschritten.
Das IWH legt in diesem Winter zum ersten Mal eine Projektion der mittelfristigen Wirtschaftsentwicklung vor. Die methodischen und theoretischen Grundlagen sind in einem Sonderkapitel am Ende des Beitrags ausführlich dargelegt.
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Die Phasen der weltweiten Finanzkrise: Gibt es eine „wandernde“ spekulative Blase?
Lucjan T. Orlowski
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 9,
2008
Abstract
Dieser Beitrag begründet, warum die Schwere der gegenwärtigen globalen Finanzkrise von der ständigen Verlegung internationaler Liquidität auf verschiedene Anlagemärkte beeinflusst wird. Dieser Prozess kann als „wandernde“ spekulative Vermögensblase bezeichnet werden. Nachdem sie durch den Niedergang des amerikanischen Subprime-Hypothekenmarkts und der hypothekengedeckten Wertpapiere ausgelöst worden war, hat sie sich auf andere Kreditfelder, auf strukturierte Finanzprodukte und globale Finanzinstitutionen ausgebreitet. Die Reaktionen der Wirtschaftspolitik, insbesondere der Geldpolitik, sind bisher nicht angemessen ausgefallen, da sie sich auf eine unsystematische Re-Kapitalisierung der betroffenen und auch verantwortlichen Investitionsbanken konzentrierten. Stattdessen sollte die Geldpolitik darauf abzielen, die weltweite Überschussliquidität in produktive Investitionen zu lenken. Eine sinnvolle Maßnahme wäre die Einführung eines Inflationsziels im Rahmen einer vorwärts-blickenden geldpolitischen Strategie durch die amerikanische Federal Reserve Bank (Fed) und andere Zentralbanken. Damit könnten die inflationären Effekte der gegenwärtigen Liquiditätsinjektionen und der steigenden Preise für Warenfutures reduziert werden. Entscheidend ist auch, dass sich die Inflationsbekämpfung nicht an der Kerninflationsrate, sondern an der tatsächlichen Inflationsrate orientiert, da insbesondere die Preissteigerungen auf den Futuremärkten demnächst in die Kerninflationsrate durchschlagen werden.
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Räumliche Branchenschwerpunkte als Innovationsmotoren? – empirische Befunde aus Ostdeutschland
Christoph Hornych, Michael Schwartz
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 9,
2008
Abstract
Sowohl in regionalökonomischen Theorien als auch in der wirtschaftspolitischen Praxis wird häufig von einem positiven Zusammenhang zwischen der regionalen Konzentration von Akteuren einer Branche und der Innovationsfähigkeit dieser Akteure ausgegangen. Vor diesem Hintergrund verspricht man sich von einer Förderung entsprechender Ballungen Effekte auf die technologische Leistungsfähigkeit von Regionen. Eng damit verknüpft ist die Diskussion über mögliche Vorteile der öffentlichen Förderung von Clusterstrukturen und somit von „Leuchttürmen“ anstelle der Verteilung von Fördermitteln nach dem „Gießkannenprinzip“. Bisherige empirische Überprüfungen ergeben allerdings kein konsistentes Bild bezüglich der Evidenz der vermuteten Wirkungszusammenhänge.
Der vorliegende Beitrag überprüft für ostdeutsche Regionen, ob von der räumlichen Ballung Effekte auf den Innovationsprozess ausgehen. Hierzu werden regionale Branchenschwerpunkte identifiziert und in die Schätzung einer regionalen „Wissensproduktionsfunktion“ einbezogen. Es zeigt sich, dass von den identifizierten Branchenschwerpunkten – entgegen den Erwartungen – ein negativer Einfluss auf die Patentaktivitäten ausgeht. Positive Effekte gehen hingegen von außeruniversitären Forschungseinrichtungen aus. Zudem konnten Hinweise auf die Wirkung intersektoraler Wissens-Spillovers gefunden werden.
Die Ergebnisse zeigen, dass Effekte, die aus der Ballung von Akteuren verschiedener Branchen resultieren (Urbanisierungseffekte), eine höhere Bedeutung für das regionale Innovationsgeschehen besitzen als Effekte, die aus der Ballung von Akteuren einer Branche resultieren (Lokalisationseffekte). Räumliche Branchenschwerpunkte in Ostdeutschland sind hiernach (bislang noch) keine Innovationsmotoren.
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Wie effektiv sind Technologie- und Gründerzentren in den Neuen Bundesländern?
Michael Schwartz
List Forum für Wirtschafts- und Finanzpolitik,
2008
Abstract
Seit nunmehr über 17 Jahren werden in den neuen Bun¬desländern Technologie- und Gründerzentren (TGZ) als Instrumente der kommunalen Wirtschaftsförderung errichtet. Vom akademischen Standpunkt aus oft kritisiert, von lokalpolitischer Seite dagegen vielfach als Erfolgsmodelle präsentiert, haben sich die TGZ zu einem kontrovers diskutierten Instrument ent-wickelt. Über die tatsächliche Effektivität der TGZ im Osten Deutschlands ist jedoch kaum etwas bekannt. Die Hauptziele der TGZ liegen in der Förderung technologieorientierter Unternehmensgründungen und Jungunternehmen sowie in der positiven Beeinflussung regionaler Wirtschaftsstrukturen. Hieraus lassen sich wiederum spezifische Teilaspekte bzw. Zwischenziele ableiten. Für drei dieser Zwischenziele untersucht der vorliegende Beitrag anhand verschiedener Indikatoren die Effektivität von fünf TGZ in Ostdeutschland. Die empirischen Untersuchungen zeigen, dass sich eine positive Zwischenbilanz hinsichtlich der betrachteten Effektivitätsindikatoren der analysierten TGZ abzeichnet. Deutliche Stärken lassen sich im Rahmen der Funktion der TGZ als `Durchlauferhitzer´ identifizieren. Auch hinsichtlich des Anteils der Neugründungen an der Gesamtzahl der geförderten Unternehmen kann den TGZ ein gutes Zeugnis ausgestellt werden. Leichte Schwächen müssen hingegen bezüglich des technologischen Niveaus der geförderten Unternehmen in den TGZ konstatiert werden. Der Beitrag formuliert abschließend einen Ausblick auf zukünftige Forschungsbestrebungen.
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Russland: Anhaltend kräftige Wirtschaftsentwicklung wird von hoher Inflation überschattet
Martina Kämpfe
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 6,
2008
Abstract
Der kräftige Anstieg des Bruttoinlandsprodukts in Russland wurde im vergangenen Jahr erneut von der Binnennachfrage bestimmt. Privater Konsum und Unternehmensinvestitionen nahmen im zweistelligen Bereich zu; insbesondere die Investitionen beschleunigten sich merklich. Auslöser dafür ist der große Modernisierungsbedarf der Wirtschaft. Durch den kräftigen Nachfrageanstieg nach Investitionsgütern in nahezu allen Wirtschaftsbereichen wurde einerseits die einheimische Produktion angeregt, andererseits stiegen auch die Importe stark. Zusätzlich nachfragewirksam war die verstärkte Kreditvergabe an Haushalte und Unternehmen. Allerdings hat sich zugleich der Preisanstieg wieder beschleunigt und das von der Zentralbank angestrebte Inflationsziel von maximal 8% verfehlt. Neben dem Einfluss des weltweiten Anstiegs der Ölpreise und der Lebensmittelpreise wirkte sich auf die Inflationsbeschleunigung aber vor allem die kräftige Expansion der Geldmenge M2 aus. Der sprunghafte Anstieg der Kapitalbeschaffung russischer Unternehmen auf ausländischen Märkten hatte massive Nettokapitalzuflüsse zur Folge, die ebenso wie die hohen Devisenzuflüsse aus den Ölexporterlösen inflationswirksam waren. Der hohe Preisdruck dürfte die Wirtschaftsentwicklung dämpfen, da sowohl die Investitionen als auch der private Konsum infolge der zinspolitischen Gegensteuerung durch die Zentralbank etwas schwächer als im Vorjahr zulegen werden; zudem wird der Anstieg der Realeinkommen verhaltener sein. Dennoch wird die Binnennachfrage weiterhin kräftig bleiben und die wirtschaftliche Entwicklung in diesem und im kommenden Jahr stimulieren. Die Impulse von der Außenwirtschaft werden angesichts der weltwirtschaftlichen Abschwächung gering ausfallen. Der Anstieg des Bruttoinlandsprodukts wird vor diesem Hintergrund insgesamt aber hoch bleiben und bei Raten um 6,5% liegen.
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Technologie- und Gründerzentren im Osten Deutschlands: Eine positive Zwischenbilanz
Michael Schwartz
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 12,
2007
Abstract
Seit nunmehr über 17 Jahren werden in den Neuen Bundesländern Technologie- und Gründerzentren (TGZ) als Instrumente der kommunalen Wirtschaftsförderung errichtet. Vom akademischen Standpunkt aus oft kritisiert, von lokalpolitischer Seite dagegen vielfach als Erfolgsmodelle präsentiert, haben sich die TGZ zu einem kontrovers diskutierten Instrument entwickelt. Über die tatsächliche Effektivität der TGZ im Osten Deutschlands ist jedoch kaum etwas bekannt.
Die Hauptziele der TGZ liegen in der Förderung technologieorientierter Unternehmensgründungen und Jungunternehmen sowie in der positiven Beeinflussung regionaler Wirtschaftsstrukturen. Hieraus lassen sich wiederum spezifische Teilaspekte bzw. Zwischenziele ableiten. Für drei dieser Zwischenziele untersucht der vorliegende Beitrag anhand verschiedener Indikatoren die Effektivität von TGZ in Ostdeutschland. Hierzu hat das IWH eine Untersuchung von TGZ in fünf ostdeutschen Städten durchgeführt. Die Datenbasis ermöglicht dabei Analysen der seit Bestehen der jeweiligen TGZ geförderten Unternehmen.
Die empirischen Untersuchungen zeigen, daß sich eine positive Zwischenbilanz hinsichtlich der betrachteten Effektivitätsindikatoren der analysierten TGZ abzeichnet. Deutliche Stärken lassen sich im Rahmen der Funktion der TGZ als „Durchlauferhitzer“ identifizieren. Auch hinsichtlich des Anteils der Neugründungen an der Gesamtzahl der geförderten Unternehmen kann den TGZ ein gutes Zeugnis ausgestellt werden. Leichte Schwächen müssen hingegen bezüglich des technologischen Niveaus der geförderten Unternehmen in den TGZ konstatiert werden. Der Beitrag formuliert abschließend einen Ausblick auf zukünftige Forschungsbestrebungen.
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Paradigmenwechsel im europäischen Wettbewerbsrecht
Nicole Steinat
Wirtschaft im Wandel,
Nr. 11,
2007
Abstract
Seit einigen Jahren hat sich im europäischen Wettbewerbsrecht ein Paradigmenwechsel vollzogen, der wesentlich durch die US-amerikanische Wettbewerbspolitik beeinflußt wurde. Während bislang vor allem das deutsche Wettbewerbsrecht Einfluß auf die Entwicklungen in Europa hatte, tritt nunmehr das amerikanische System an diese Stelle. So wird das Verhalten von Unternehmen stärker an ökonomischen Merkmalen und weniger an formaljuristischen Kriterien ausgerichtet. Diese Einbindung eines „more economic approach“ zeigt sich sowohl in der Gesetzgebung als auch in Rechtsanwendung und Rechtsprechung.
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit den daraus resultierenden Reformen auf der Gesetzgebungsseite sowie deren Auswirkungen in Bezug auf zweiseitig wettbewerbsbeschränkende Handlungen, also Kartelle. So ist beispielsweise die Kronzeugenregelung zu einem der wichtigsten Instrumente der europäischen Wettbewerbspolitik geworden. Doch auch die im vergangenen Jahr grundlegend reformierte Berechnungsmethode für Geldbußen wird die Sanktionsmöglichkeiten stärker als bisher ausschöpfen. Dennoch unterscheiden sich das amerikanische und das europäische Wettbewerbsrecht noch in wesentlichen Punkten. So existiert auf europäischer Ebene noch nicht die Möglichkeit zur strafrechtlichen Verfolgung von Kartellen und somit zur Verhängung von Gefängnisstrafen. Einzelne europäische Staaten, beispielsweise Großbritannien, sind diesen Weg aber bereits gegangen.
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