IWH-Insolvenztrend: Viertes Quartal beginnt mit Anstieg der Insolvenzzahlen
Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland liegt laut IWH-Insolvenztrend im Oktober bei 1 037 (vgl. Abbildung 1). Das sind 2% mehr als im September und 44% mehr als im Oktober des vorigen Jahres. Die Zahl der Insolvenzen lag 12% über dem Oktober-Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019, also vor der Corona-Pandemie.
Schließungen großer Arbeitgeber führen oft zu hohen und dauerhaften Einkommens- und Lohnverlusten bei den Beschäftigten. Die Analyse des IWH zeigt, dass in den größten 10% der Unternehmen, deren Insolvenz im Oktober gemeldet wurde, ca. 9 700 Arbeitsplätze betroffen waren. Die Zahl der betroffenen Beschäftigten in den größten 10% der Unternehmen liegt damit 17% über dem Oktober-Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019 (vgl. Abbildung 2). Die meisten Arbeitsplätze entfallen im Oktober auf Insolvenzen im Gesundheitswesen und in der Industrie.
„Der Anstieg der Insolvenzzahlen im Oktober markiert eine Trendwende“, sagt Steffen Müller, Leiter der IWH-Abteilung Strukturwandel und Produktivität sowie der dort angesiedelten Insolvenzforschung. Nach einem deutlichen Anstieg der Insolvenzzahlen im Juni waren die Zahlen danach wieder leicht rückläufig gewesen. Der Oktober war zudem ein Monat mit vergleichsweise wenigen Arbeitstagen, im Juni waren es mehr. Entsprechend weniger gerichtliche Entscheidungen über Insolvenzeröffnung wurden im Oktober getroffen. „Bereinigt um Arbeitstageffekte war der Oktober der Monat mit den höchsten Insolvenzzahlen seit Ende der Pandemie“, sagt Müller. Die dem Insolvenzgeschehen um etwa drei Monate vorlaufenden IWH-Frühindikatoren sind seit August deutlich und kontinuierlich angestiegen und liegen mittlerweile etwa ein Fünftel höher als im Juli. Daher rechnet das IWH für die nächsten Monate mit schrittweise steigenden Insolvenzzahlen.
Deutlich schneller als die amtliche Statistik liefert der IWH-Insolvenztrend des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) jeden Monat einen belastbaren Befund zum bundesweiten Insolvenzgeschehen für Personen- und Kapitalgesellschaften. Die Ergebnisse weisen nur geringfügige Abweichungen von den amtlichen Zahlen auf, die mit etwa zwei Monaten Zeitverzug eine umfassende Einschätzung der Lage erlauben (vgl. Abbildung 3). Der IWH-Insolvenztrend ist deshalb ein verlässlicher Frühindikator. Für seine Analysen wertet das IWH die aktuellen Insolvenzbekanntmachungen der deutschen Registergerichte aus und verknüpft sie mit Bilanzkennzahlen betroffener Unternehmen. Dank seiner langjährigen Expertise, gebündelt in der IWH-Insolvenzforschungsstelle, gehört das Institut bundesweit zu den führenden Einrichtungen auf diesem Themengebiet.
Die im IWH-Insolvenztrend gemeldeten Insolvenzen für Kapital- und Personengesellschaften umfassen in der Regel mehr als 90% der von Unternehmensinsolvenz betroffenen Arbeitsplätze und 95% der Forderungen. Damit bilden diese Zahlen verlässlich die direkten volkswirtschaftlichen Konsequenzen des Insolvenzgeschehens ab. Auch die amtliche Statistik weist monatlich vorläufige Insolvenzzahlen aus. Diese beziehen sich jedoch auf alle Regelinsolvenzen. Regelinsolvenzen umfassen neben den im IWH-Insolvenztrend erfassten Personen- und Kapitalgesellschaften auch die gesamtwirtschaftlich wenig relevante Gruppe der Kleinstunternehmen. Zudem werden auch bestimmte natürliche Personen wie Selbstständige oder ehemals selbstständig Tätige mit unüberschaubaren Vermögensverhältnissen sowie privat haftende Gesellschafter und Einzelunternehmer gemeldet. Die Zahl der Personen- und Kapitalgesellschaften macht weniger als die Hälfte der Regelinsolvenzen aus. Die prozentualen monatlichen Veränderungen bei den Regelinsolvenzen können sich deutlich von denen der Personen- und Kapitalgesellschaften unterscheiden.
Alle zugrundeliegenden Daten als Excel-Download finden Sie unter diesem Link.
Mehr zur IWH-Insolvenzforschung und zur Methodik hinter dem IWH-Insolvenztrend: www.iwh-halle.de/insolvenzforschung.
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