Aktuelle Trends: Insolvenzanträge als Frühindikator für den IWH-Insolvenztrend
Insolvenzanträge werden vom Schuldner oder Gläubiger beim Insolvenzgericht gestellt. Es vergehen in der Regel mehrere Monate, bis Gerichte entscheiden, ob der Antrag zulässig ist. Der IWH-Insolvenztrend erfasst genau wie die amtliche Statistik erst dann Insolvenzfälle, wenn ein Insolvenzgericht eine formale Eröffnungsentscheidung – also entweder die Eröffnung des Verfahrens oder eine Abweisung mangels Masse – zum jeweiligen Insolvenzverfahren gefällt hat. Das bedeutet, dass im entsprechenden Berichtsmonat in der Regel nicht der Insolvenzantrag gestellt, sondern erstmalig über ihn entschieden wurde.
06. November 2023
Das IWH erfasst parallel zum Insolvenztrend auch vorläufige gerichtliche Entscheidungen, die im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Antragstellung stehen und somit meist zwei bis drei Monate vor der Eröffnungsentscheidung liegen. Auf Basis dieses Frühindikators erstellt die IWH-Insolvenzforschung mit Hilfe statistischer Verfahren eine Prognose für die kommenden beiden Monate. Die Prognose wird dadurch erschwert, dass vorläufige Entscheidungen der Gerichte in der Regel nur bei größeren Insolvenzverfahren getroffen werden.
Die Abbildung zeigt den Verlauf der Frühindikatoren und der Insolvenzzahlen relativ zu Januar 2020. Die Indikatoren folgen dem aus dem Insolvenztrend bekannten Muster, sind jedoch um zwei bis drei Monate vorlaufend. Da Kleinstinsolvenzen im Frühindikator nicht enthalten sind, ist der Zusammenhang jedoch nicht sehr eng. Eine hohe Zahl an Kleinstinsolvenzen im Zusammenhang mit Erleichterungen bei der Restschuldbefreiung für Selbstständige ab Anfang 2021 erklärt zum Beispiel, dass die Eröffnungen für einige Zeit über den Werten der Anmeldungen lagen und zudem der zeitliche Zusammenhang zum Indikator gestört wurde. Im August 2023 steigt der Frühindikator deutlich und liegt 14% über Januar 2020. Da die Anmeldungen bisher auch im laufenden Monat September hoch sind, ist mit einem Anstieg der Insolvenzeröffnungen ab Oktober, spätestens aber ab November zu rechnen.