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Klimastresstests, Kreditvergabeverhalten der Banken und der Übergang zur klimaneutralen Wirtschaft

Kann die Bankenaufsicht den Übergang zu einer kohlenstoffneutralen Wirtschaft unterstützen, indem sie die Kreditvergabe der Banken an Unternehmen beeinflusst? Dieser Beitrag untersucht die Kreditvergabe der Banken vor und nach dem weltweit ersten Klimastresstest in Frankreich und die Reaktion der kreditnehmenden Unternehmen. Die dem Stresstest unterworfenen Banken geben kohlenstoffintensiven Unternehmen mehr Kredite. Zugleich verlangen sie ihnen aber höhere Zinssätze ab. Die kohlenstoffintensiven Kreditnehmer, deren Banken sich dem Klimastresstest unterzogen haben, verpflichten sich eher zu ehrgeizigen Emissionszielen und integrieren eher Umweltaspekte in die Bewertung von Investitionsprojekten. Jedoch reduzieren sie weder direkt ihre Kohlenstoffemissionen noch beenden sie Beziehungen zu klimaschädlichen Lieferanten. Die Studie belegt somit einen kausalen Zusammenhang zwischen Klimastresstests der Banken und der Verringerung des Transitionsrisikos der Kreditnehmer.

06. March 2024

Authors Larissa Fuchs Huyen Nguyen Trang Nguyen Klaus Schaeck

Contents
Page 1
Der Klimawandel hat zweifellos Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft
Page 2
Bankenkredite, Klimastresstests und die Exposition von Unternehmen gegenüber Transitionsrisiken
Page 3
Schlussfolgerung
Page 4
Endnoten All on one page

Der Klimawandel in Form von Dürreperioden und Flutwellen, erneuerbaren Energien und neuen Technologien, veränderten Konsumgewohnheiten und veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen hat zweifellos Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft. Der Klimawandel erfordert auch Anpassungen bestehender Geschäftsprozesse. Dies führt zu zusätzlichen Kosten und hat das Potenzial, die Rentabilität der betroffenen Unternehmen nachhaltig zu beeinflussen. Der Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaft hat somit nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf Unternehmen, sondern auch auf deren Banken. Für diese entstehen Markt- und Kreditrisiken, wenn die Kreditnehmer die aus dem Klimawandel erwachsenden Risiken nicht hinreichend würdigen. Dies wirft die Frage auf, ob die Bankenaufsicht den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft im Rahmen der Kreditvergabe der Banken beeinflussen kann.

Eine aktuelle IWH-Studie1 untersucht den weltweit ersten Klimastresstest in Frankreich und die Kohlenstoffemissionen der Kreditnehmer, um Kernpunkte der Kreditvergabepolitik der Banken, wie Kreditvolumina und Zinsen, vor dem Hintergrund des Klimawandels zu untersuchen. Klimastresstests sind eine Innovation im Rahmen der bankaufsichtsrechtlichen Möglichkeiten, die sowohl den Banken als auch deren Kreditnehmern helfen, langfristige Auswirkungen des Klimawandels zu verstehen. Eine zentrale Rolle spielt dabei, dass durch diese Stresstests Informationen zu Risiken, die aus dem Klimawandel erwachsen, zum ersten Mal überhaupt systematisch erfasst und dokumentiert werden. Die Studie zeigt, dass Klimastresstests über die Kreditvergabe der Banken helfen können, den Übergang der Kreditnehmer zu einer kohlenstoffarmen und damit klimaneutralen Wirtschaft zu erleichtern. 

Bewältigung der Transitionsrisiken entscheidend bei Herausforderungen durch Klimawandel

Klimarisiken haben für Zentralbanken durch ihre zentrale Rolle im Finanzsystem stark an Bedeutung gewonnen. Um die Widerstandsfähigkeit der Bankensysteme gegenüber dem Klimawandel auf den Prüfstand zu stellen, führen Aufsichtsbehörden mittlerweile auch Klimastresstests durch. Bisher ist wenig darüber bekannt, ob ihre Bemühungen den Übergang zur klimaneutralen Wirtschaft vorantreiben und ob die Geschäftsmodelle der Kreditnehmer durch die Maßnahmen beeinflusst werden.

Diese Untersuchung fokussiert nicht auf physische Klimarisiken, wie beispielsweise Extremwetterereignisse, sondern konzentriert sich auf so genannte Transitionsrisiken. Diese durch den Klimawandel entstehenden Risiken erwachsen aufgrund von veränderten Konsumgewohnheiten der Verbraucher und dem Einsatz neuer Technologien sowie Änderungen von Gesetzen und Richtlinien. Diese Transitionsrisiken wirken sich auf die Bewertung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten aus, insbesondere dann, wenn Kreditnehmer nicht angemessen auf die Dekarbonisierung ihrer Geschäftsmodelle vorbereitet sind. Banken stehen daher vor verschiedenen Herausforderungen, wie gestrandeten Vermögenswerten, politischen und regulatorischen Änderungen, Marktverschiebungen, Rufschäden, Kreditrisiken und operativen Risiken. Die Identifikation und Bewältigung dieser Risiken ist entscheidend für die Stabilität des Bankensektors angesichts der Herausforderungen des Klimawandels.

Empirisches Vorgehen: Vergleich von Krediten in Frankreich – Banken mit und ohne Durchlaufen des französischen Klimastresstests

Diese Studie analysiert die Auswirkungen des französischen Klimastresstests2 aus dem Jahr 2020 auf die Nachhaltigkeitsperformance der Kreditnehmer sowie die Kreditentscheidungen der Banken, unter Beachtung der jeweiligen Anfälligkeit der Kreditnehmer für mögliche Transitionsrisiken. Der französische Klimastresstest stellt ein Pilotprojekt dar. Die Hauptziele dieses weltweit ersten Klimastresstests bestanden darin, das Bewusstsein von Banken für die Risiken des Klimawandels zu schärfen und ihre Fähigkeit zur langfristigen Identifikation, Antizipation und Bewältigung dieser Risiken zu stärken.

Im Unterschied zu herkömmlichen Stresstests, die auf Finanzstabilität abzielen, konzentrierte sich die Pilotübung nicht auf die Solvenz der teilnehmenden Institutionen. Vielmehr hatte der Klimastresstest das Ziel, das Bewusstsein insbesondere für Transitionsrisiken bei Finanzinstituten zu schärfen. Zur Bewertung der Auswirkungen dieser Transitionsrisiken wurden die Banken in der Klimapilotübung aufgefordert, drei verschiedene Szenarien zu simulieren, die auf den Empfehlungen des Network for Greening the Financial System3 basieren. In diesen Szenarien lag der Fokus auf der Entwicklung von Kohlenstoffpreisen, wobei unterschiedliche Anstiegsprofile dieser Preise über einen Zeitraum von 30 Jahren von 2020 bis 2050 simuliert wurden. Die Banken waren im Rahmen des Klimastresstests dazu angehalten, Verluste zu schätzen, die sie aufgrund von Kredit- und Marktrisiken in den drei Transitionsszenarien erleiden könnten, deren Auswirkungen zu bewerten und Bilanzprojektionen durchzuführen.

Die Studie vergleicht die Kreditvergabe der Banken an Unternehmen mit höheren Kohlenstoffemissionen (kohlenstoffintensive Kreditnehmer) mit der Kreditvergabe an Unternehmen mit niedrigeren Kohlenstoffemissionen. Letztere Unternehmen werden somit als Kreditnehmer mit niedrigerem Transitionsrisiko klassifiziert, während kohlenstoffintensive Kreditnehmer in die Gruppe der Unternehmen mit hohem Transitionsrisiko fallen. Dabei wird unterschieden zwischen Banken, die am Klimastresstest teilgenommen haben, und solchen Banken, die dem Stresstest nicht unterworfen waren.

Die primäre Funktion von Klimastresstests liegt in der Identifikation und Bewertung von Risiken, die sich aus dem Klimawandel ergeben. Sie können aber auch als Gelegenheit betrachtet werden, neue Informationen zu beschaffen und zu generieren. Sie offenbaren neue Erkenntnisse über die Exposition der Banken gegenüber dem Klimawandel. Die Datenanalyse kombiniert daher Informationen aus dem Klimastresstest der französischen Aufsichtsbehörde mit kreditnehmer-spezifischen Informationen zu Kohlenstoffemissionen. In den Untersuchungen vergleichen die Autoren Kredite an französische Kreditnehmer von Banken, die am Klimastresstest teilnehmen, mit Krediten von Banken, die ihren Sitz außerhalb Frankreichs haben, die ebenfalls Kredite an französische Unternehmen vergeben.

Die Analyse der Nachhaltigkeitsperformance der Kreditnehmer basiert auf 749 Beobachtungen für 993 Kredite aus sieben Branchen im Zeitraum zwischen dem ersten Quartal 2016 und dem zweiten Quartal 2023 in Frankreich. Die Daten wurden via Thomson Reuters LPC Dealscan erhoben und beinhalten alle Konsortialkredite, die im genannten Zeitraum von französischen Banken und von Banken außerhalb Frankreichs an französische Kreditnehmer vergeben wurden. Ein Konsortialkredit ist die Gewährung eines Kredits an einen Kreditnehmer durch mehrere Kreditinstitute – einem Konsortium. Die Verwendung von Daten von Thomson Reuters LPC Dealscan hat den Vorteil, dass die Analyse viele große, börsennotierte und damit für den Umbau zur klimaneutralen Wirtschaft wichtige Unternehmen beinhaltet. Der Nachteil liegt in der Tatsache, dass kleinere Unternehmen, die keine Konsortialkredite erhalten, nicht erfasst werden.

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Bankenkredite, Klimastresstests und die Exposition von Unternehmen gegenüber Transitionsrisiken

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Larissa Fuchs Trang Nguyen Klaus Schaeck

in: SSRN Working Papers, No. 4427729, 2023

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Does banking supervision affect borrowers’ transition to the carbon-neutral economy? We use a unique identification strategy that combines the French bank climate pilot exercise with borrowers’ carbon emissions to present two novel findings. First, climate stress tests actively facilitate borrowers’ transition to a low-carbon economy through a lending channel. Stress-tested banks increase loan volumes but simultaneously charge higher interest rates for brown borrowers. Second, additional lending is associated with some improvements in environmental performance. While borrowers commit more to reduce carbon emissions and are more likely to evaluate environmental effects of their projects, they neither reduce direct carbon emissions, nor terminate relationships with environmentally unfriendly suppliers. Our findings establish a causal link between bank climate stress tests and borrowers’ reductions in transition risk.

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Ausstieg aus der Kohle: Herausforderungen bei der Mittelvergabe und -verteilung

Reint E. Gropp

in: Wirtschaft im Wandel, No. 1, 2024

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Der Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2038 ist ein wichtiger Teil der Strategie der Bundesregierung, den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern. Begleitet wird der Kohleausstieg seit 2020 von regionalen Subventionen (Investitionsgesetz Kohleregionen – InvKG und Bundesprogramm STARK), um die wirtschaftlichen und sozialen Anpassungsprozesse zu begleiten und die negativen Auswirkungen abzufedern. Dafür stehen bis 2038 insgesamt rund 41 Mrd. Euro bereit. Es wird dabei eine Vielzahl verschiedener Maßnahmen eingesetzt, u. a. die Verbesserung der wirtschaftsnahen Infrastruktur und der Verkehrsanbindungen, die Stärkung der regionalen Bildungsangebote sowie Forschungseinrichtungen. Das IWH hat zusammen mit dem RWI in Essen einen ersten Evaluationsbericht für die Periode von August 2020 bis Ende 2022 vorgelegt.

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Aktuelle Trends: Die Liquidität europäischer Immobilienmärkte in der Polykrise

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Daniel Bias Benjamin Lochner Stefan Obernberger Merih Sevilir

in: Wirtschaft im Wandel, No. 1, 2024

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