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Unternehmensdynamik in EuropaPage 2
Mechanismen: Reaktivität und SchocksPage 3
SchlussfolgerungenPage 4
Endnoten All on one pageMechanismen: Reaktivität und Schocks
In Standardmodellen kann ein Rückgang des Tempos der Arbeitsplatzreallokation durch zwei potenzielle Mechanismen erklärt werden: erstens durch einen Rückgang der Streuung von Produktivitätsschocks auf Unternehmensebene und zweitens durch einen Rückgang der Reaktion der Arbeitsnachfrage der Unternehmen auf diese Produktivitätsrealisierungen. Intuitiv: Firmen sollten wachsen, wenn sie einen positiven Produktivitätsschock erfahren, und eine Vielzahl verschiedener firmenspezifischer Produktivitätsschocks sollte dazu führen, dass es eine starke Umverteilung von Arbeitern hin zu Firmen mit positiven Schocks gibt. Ein Rückgang der Streuung von Produktivitätsschocks oder die Reaktion von Firmen auf einen gegebenen Produktivitätsschock reduziert also die Unternehmensdynamik, gemessen anhand der Arbeitsplatzreallokationsrate.
Evidenz für die USA zeigt, dass dort die Streuung der Schocks, die die US-Firmen (und -Betriebe) erfahren haben, im Zeitraum von 1981 bis 2013 zugenommen hat, während die Reaktion der Arbeitsnachfrage der Unternehmen auf Produktivitätsveränderungen insbesondere nach 2000 stark zurückgegangen ist (Decker et al., 2020).
Wir untersuchen die gleichen Mechanismen in Europa. Für eine Vielzahl von Ländern finden wir Belege für einen deutlichen Rückgang der Reaktivität der Beschäftigung in den Unternehmen. Verglichen mit den USA ist dieser Rückgang quantitativ ähnlich (Abbildung 10 in Biondi et al., 2024). Im Gegensatz zu den USA finden wir jedoch auch einen starken Rückgang in der Streuung der Produktivitätsschocks in Europa (Abbildung 13 in Biondi et al., 2024).
Fallbeispiel: Deutsches Verarbeitendes Gewerbe
Wie relevant ist der Rückgang der Reaktivität im Vergleich zum Rückgang der Streuung von Produktivitätsschocks, um das Sinken der Unternehmensdynamik zu erklären? Dies haben wir anhand eines Fallbeispiels für das deutsche Verarbeitende Gewerbe berechnet. Auch im deutschen Verarbeitenden Gewerbe ist ein starker Rückgang der Unternehmensdynamik und der Reallokation zwischen Firmen zu verzeichnen (siehe Abbildung 2a für die Arbeitsplatzreallokationsrate). Um die Rolle der Reaktivität und der Abschwächung der Produktivitätsschocks zu ermitteln, haben wir ein empirisches Modell aufgestellt, das die Veränderung der Belegschaft auf Firmenebene als Funktion von Produktivitätsveränderungen beschreibt. Die Ergebnisse sind in Abbildung 2b dargestellt. Der erste Balken zeigt den empirisch beobachteten prozentualen Rückgang der Unternehmensdynamik um 33% zwischen 1996 und 2017. Der zweite Balken beschreibt den Rückgang der Unternehmensdynamik anhand der geschätzten Werte in unserem empirischen Modell, welcher im Idealfall dem Wert der Daten entsprechen sollte. Der Rückgang um 36% zeigt, dass unser Modell die Realität gut widerspiegelt. Der letzte Balken zeigt den Rückgang der Unternehmensdynamik, wenn die Reaktivität der Firmen auf dem Niveau von 1996 geblieben wäre. In diesem Szenario ist in unserem Modell jede Veränderung in der Unternehmensdynamik auf die Veränderung der Produktivitätsschocks zurückzuführen. Wir finden her- aus, dass sich in diesem Fall die Unternehmensdynamik nur um 21% reduziert hätte. Setzt man diese Zahlen ins Verhältnis, zeigt sich, dass 42% des Rückgangs der Arbeitsplatzreallokationsrate auf einen Rückgang der Reaktivität der Firmen zurückzuführen ist. Die restlichen 58% sind ein Resultat sich verändernder Produktivitätsschocks, beispielsweise aufgrund von weniger innovativer Tätigkeit in der breiten Masse von Firmen.