Contents
Page 1
Technologischer Fortschritt und ArbeitsnachfragePage 2
Daten und empirische AnalysePage 3
SchlussfolgerungenPage 4
Endnoten All on one pageDaten und empirische Analyse
Zur Überprüfung unserer Modellvorhersagen nutzen wir Daten deutscher Produktionsbetriebe vor und nach der Einführung von Robotern. Dabei vergleichen wir die Beschäftigungsentwicklung in Betrieben mit und ohne Roboter über einen Zeitraum von drei Jahren vor bis ein Jahr nach der erstmaligen Robotereinführung. Die verwendeten Modelle (Ereignisstudien) lassen zu, dass sich Betriebe, die Roboter einführen, von denen, die keine Roboter einführen, in beobachtbaren und unbeobachtbaren Merkmalen unterscheiden dürfen. Wichtig für die Belastbarkeit unserer Ergebnisse ist, dass sich beide Gruppen im Beobachtungszeitraum gleich entwickelt hätten, auch wenn keine Roboter eingeführt worden wären.
Für die empirische Analyse kombinieren wir repräsentative Befragungsdaten zum Robotereinsatz mit Sozialversicherungsdaten über die dort beschäftigten Arbeitskräfte sowie detaillierte Tätigkeitsprofile der Berufsgruppen.6 Diese granularen Daten ermöglichen eine präzise Analyse, welche Berufs- und Altersgruppen durch den Robotereinsatz mehr oder weniger benötigt werden.
Unsere zentralen abhängigen Variablen sind die Gesamtbeschäftigung sowie die Beschäftigtenzahlen in spezifischen Berufs- und Altersgruppen. Für die Berufskategorisierung nutzen wir das weit verbreitete Schema von Blossfeld (1987),7 das auf den Anforderungsniveaus der Tätigkeiten basiert. Wir betrachten folgende Berufskategorien im Detail: (1) Arbeiter mit einfachen manuellen Aufgaben, (2) Arbeiter mit qualifizierten manuellen Aufgaben, (3) Ingenieure und Techniker und (4) Manager.8 Zusätzlich definieren wir drei Altersgruppen: junge (20-34 Jahre), mittelalte (35-54 Jahre) und ältere Arbeitskräfte (55-65 Jahre).
Bevor wir die Regressionsanalyse durchführen, nutzen wir die Daten zu Tätigkeitsprofilen, um Berufs- und Altersgruppen anhand ihres Anteils an Routinetätigkeiten zu klassifizieren. Wie erwartet, weist die Kategorie der einfachen manuellen Tätigkeiten den höchsten Anteil an Routinetätigkeiten auf. Der Routineanteil liegt bei Technikern, Ingenieuren und Managern um etwa 60% niedriger. Somit lässt das theoretische Modell erwarten, dass Verdrängungseffekte eher bei einfachen manuellen Tätigkeiten zu erwarten sind, während Hochqualifizierte von der höheren Produktivität des Unternehmens profitieren können. Das Modell lässt offen, ob der Gesamteffekt aus Verdrängungs- und Produktivitätseffekten für die Gruppe mit einfachen manuellen Tätigkeiten positiv oder negativ ist, aber es sagt deutlich vorher, dass der Gesamteffekt für diese Gruppe negativer ist als für die anderen Gruppen. Die deskriptive Analyse zeigt zudem, dass der Anteil der Routinetätigkeiten innerhalb der Berufe nicht altersabhängig ist. Es gibt zudem keine altersspezifische Sortierung in die Berufskategorien. Daher ist der Verdrängungseffekt altersneutral. Da der Produktivitätseffekt ebenfalls altersneutral ist, schreibt das Modell jedwede Heterogenität der empirischen Befunde nach Alter (siehe nächster Abschnitt) dem „Wiederherstellungseffekt“ (reinstatement effect oder new task channel) zu, womit Acemoglu und Restrepo (2018) die Entstehung neuer Tätigkeiten durch Roboter meinen.
Roboter ersetzen einfache manuelle Tätigkeiten und erhöhen die Nachfrage nach hochqualifizierten und jungen Beschäftigten
Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Robotereinsatz sowohl die Gesamtbeschäftigung als auch die Beschäftigungsstruktur signifikant beeinflusst. Die Einführung von Robotern ist in den untersuchten Betrieben mit einem Beschäftigungsanstieg von 5% gegenüber der Vergleichsgruppe verbunden (vgl. Tabelle 1). Der Beschäftigungsanstieg geht mit deutlich gestiegener Fluktuation einher und ist vor allem durch vermehrte Neueinstellungen (+24%) und moderat gestiegene Abgänge bei Berufsgruppen mit hohem Anteil manueller Routinetätigkeiten erklärbar. Für keine der untersuchten Berufskategorien oder Altersgruppen konnten negative Beschäftigungseffekte festgestellt werden.

Beschäftigungsgewinne konzentrieren sich auf jüngere Arbeitnehmer sowie Berufe mit geringer Routineintensität, wie Ingenieure, Techniker und Manager. Im Gegensatz dazu bleiben die Beschäftigungsmöglichkeiten in manuellen Routineaufgaben stabil, wenngleich in diesen Tätigkeiten eine erhöhte Personalfluktuation beobachtet wird. Unsere empirische Analyse bestätigt somit eine der zentralen Thesen der ökonomischen Literatur zur Robotik erstmals auf der einzelbetrieblichen Ebene: Roboter verdrängen menschliche Arbeit verstärkt aus Routinetätigkeiten. Dass es dennoch keine Beschäftigungsverluste bei Routinetätigkeiten gab, ist aus dem Modell heraus mit einem positiven Effekt auf die Gesamtarbeitsnachfrage (Produktivitätseffekt) erklärbar. Im Endergebnis sinkt also der Anteil der Routinebeschäftigten im Betrieb, nicht jedoch ihre Anzahl.
Wir finden zudem, dass nach der Einführung von Robotern jüngere Arbeitskräfte häufiger eingestellt werden (vgl. Tabelle 2). Dies deutet darauf hin, dass die Anpassungsfähigkeit an neue Technologien mit dem Alter abnimmt – eine Erkenntnis, die den Vorhersagen der kognitiven Wissenschaft und der Humankapitaltheorie entspricht. Gleichzeitig verzeichnen höher qualifizierte Tätigkeiten wie Ingenieur- und Managementaufgaben eine verstärkte Einstellung mittelalter und älterer Arbeitskräfte.

Unsere Ergebnisse untermauern die Annahme, dass Roboter als Ergänzung für hochqualifizierte und jüngere Arbeitskräfte fungieren, während sie weniger komplexe Routineaufgaben ersetzen. Dieser Befund bestätigt zentrale Konzepte tätigkeitsbasierter Modelle und liefert differenzierte Einblicke in die alters- und tätigkeitsabhängigen Auswirkungen des Robotereinsatzes auf den Arbeitsmarkt.