13. IWH/IAB-Workshop zur Arbeitsmarktpolitik – ein Tagungsbericht
Mit dem Schwerpunkt „Lohn- und Einkommensungleichheit – Ausmaß und Entwicklung, Ursachen und Konsequenzen“ hat der diesjährige Workshop zur Arbeitsmarktpolitik, der traditionell gemeinsam vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) und dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) veranstaltet wird, erneut ein wirtschaftspolitisch aktuelles Thema behandelt. Es handelte sich um den 13. deutschsprachigen Workshop dieser Art, der am 22. und 23. September am IWH in Halle (Saale) veranstaltet wurde.
21. November 2016
Das Thema Lohn- und Einkommensungleichheit ist ein politökonomisches Dauerthema. Als Erklärung für die seit den 1990er Jahren steigende Lohnungleichheit in Deutschland werden in der öffentlichen Debatte oft der technologische Wandel, zunehmender internationaler Wettbewerbsdruck sowie institutionelle Veränderungen am Arbeitsmarkt genannt. Der Keynote-Vortrag von Professor Bernd Fitzenberger, Ph.D., Humboldt-Universität zu Berlin, hat die bisherige empirische Evidenz des zweifelsfreien Anstiegs in der Lohnungleichheit dargestellt und ging dabei insbesondere auf mögliche Erklärungsfaktoren ein. Entgegen der gängigen Meinung tragen die oft genannten institutionellen Faktoren, also der Rückgang in der Tarifbindung und die Hartz-Reformen, nicht im erwarteten Maße zur Erklärung der steigenden Lohnungleichheit bei. Vielmehr ist die Diskrepanz zwischen gut und schlecht bezahlenden Betrieben über die Zeit angestiegen. Als weiterer wichtiger Erklärungsfaktor auf individueller Ebene zeigt sich, dass ein immer größerer Anteil der Verlierer auf dem Arbeitsmarkt mittlerweile nur noch einer Teilzeitbeschäftigung nachgeht.
Bei der Bekämpfung der Lohnungleichheit werden große Hoffnungen in die Einführung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns gesetzt. Jedoch betrifft der Mindestlohn nur den untersten Bereich der Lohnverteilung und kann deshalb auch nur begrenzt der Lohnungleichheit entgegenwirken – zumal aus dem Vortrag von Dr. Mario Bossler klar wurde, dass ein Mindestlohn nicht beliebig hoch angesetzt werden kann, da dieser dann auch nennenswerte Beschäftigungsverluste nach sich ziehen würde.
Ein weiterer traditioneller Schwerpunkt des Workshops besteht darin, Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland aufzuarbeiten. So zeigt sich erstaunlicherweise, dass Lohnungleichheiten zwischen Männern und Frauen im Westen sehr viel stärker ausgeprägt sind als im Osten. Dies liegt wohl vor allem daran, dass die Männer in den westdeutschen Bundesländern durchschnittlich sehr viel höhere Löhne verdienen als im Osten. Weiterhin zeigte ein interessanter Befund aus dem Vortrag von Professor Dr. Nicole Gürtzgen, dass eine niedrige Entlohnung auf dem Arbeitsmarkt der DDR kaum einen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit einer Niedriglohnbeschäftigung im vereinigten Deutschland der 1990er Jahre hatte.
Zur Erforschung solcher Zusammenhänge ist die der Wissenschaft zur Verfügung stehende Datenbasis elementar wichtig. So wurden in unterschiedlichen Vorträgen des Workshops die Verdienststrukturerhebung, das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) und die Administrativen Erwerbsbiographien des IAB verglichen. Während jeder dieser Datensätze eigene Stärken aufweist, gibt es jedoch auch Unterschiede in der Erfassung von Löhnen, Arbeitszeiten und den unterschiedlichen Erwerbsformen. Solche Diskrepanzen sollten in wissenschaftlichen Auswertungen transparent offengelegt werden. Per se können einzelne Datenquellen jedoch nicht als grundsätzlich wahrhaftig oder fehlerbehaftet deklariert werden.