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Zukünftige wirtschaftliche Entwicklung OstdeutschlandsSeite 2
Perspektiven Ostdeutschlands werden vom rückläufigen Erwerbspersonenpotenzial beeinträchtigt Auf einer Seite lesenPerspektiven Ostdeutschlands werden vom rückläufigen Erwerbspersonenpotenzial beeinträchtigt
War in den frühen 1990er Jahren das verschlissene Sachkapital das offensichtlichste Manko in Ostdeutschland, könnten künftig die Arbeitskräfte den Flaschenhals bilden. Eine entscheidende Ursache hierfür besteht im sehr starken Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials in Ostdeutschland um rund 2,3 Millionen Personen seit dem Jahr 1991 (−21%), während es in Westdeutschland um 2,5 Millionen Personen bzw. 6% gestiegen ist (vgl. Abbildung 4).
Zum Erwerbspersonenpotenzial zählen die Personen im Alter von 15 bis 64 Jahren, die in einem Arbeitsverhältnis stehen beziehungsweise eine Arbeitsstelle suchen.
Die Verringerung des Erwerbspersonenpotenzials in Ostdeutschland ist im Wesentlichen auf drei Faktoren zurückzuführen. Erstens ging die Bevölkerung um 9,9% zurück (vgl. oben). Zweitens ist infolge der Veränderung der Altersstruktur der Bevölkerung der Anteil der Erwerbsfähigen deutlich gesunken. Der Anteil der 15- bis 64-Jährigen betrug im Jahr 1991 noch 67,4%. Im Jahr 2012 waren es nur noch 65,6%. Und drittens ist die Erwerbsbeteiligungsquote im Jahr 2013 deutlich niedriger als im Jahr 1991. Diese Quote, die den Anteil des Erwerbspersonenpotenzials an den Erwerbsfähigen und damit eine wichtige Kennziffer zur Messung des Arbeitsangebots darstellt, lag im Jahr 2013 bei 79,0%. Im Jahr 1991 waren es noch 88,1%.
Der Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials stellt die Betriebe vor die Herausforderung, geeignetes Personal zu finden. Im Jahr 2013 konnten in ostdeutschen Betrieben 28% und in westdeutschen 26% der offerierten Stellen, die eine Berufsausbildung, Berufserfahrung oder einen Hochschulabschluss erfordern, nicht besetzt werden (vgl. Abbildung 5). Für ostdeutsche Unternehmen scheint es also trotz der deutlich höheren Arbeitslosigkeit sogar etwas schwieriger zu sein, geeignete Mitarbeiter zu finden, als für westdeutsche Firmen. In den Kleinbetrieben mit weniger als 50 Beschäftigten, die für die ostdeutsche Unternehmensstruktur prägend sind, warten die meisten unbesetzten Stellen auf geeignete Bewerber. Bei mittleren und größeren Betrieben ist der ungedeckte Bedarf in den Alten Bundesländern höher als in den Neuen.
Hinter dem Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials stehen insbesondere die Rückgänge der Geburtenzahlen, die Abwanderungen und die Alterung der Bevölkerung in Ostdeutschland. Die Folgen könnten tiefgreifend sein, wie eine IWH-Wachstumsprojektion aus dem Jahr 2012 zeigt. Der demographische Wandel, der in Ostdeutschland mit größerer Wucht als im Westen wirkt, dürfte dazu führen, dass sich das Verhältnis zwischen Arbeitsvolumen und Bevölkerung in Ostdeutschland ungünstiger als in Westdeutschland entwickelt. Die weitere Angleichung der Arbeitsproduktivität zwischen Ost- und Westdeutschland, die in der Projektion enthalten ist, reicht nicht aus, um die negativen Effekte des demographischen Wandels auszugleichen (vgl. Abbildung 6), sodass eine weitere Konvergenz der Produktion je Einwohner kaum zu erwarten ist.