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Kaum Beschäftigungsimpulse der Dienstleister in ostdeutschen FlächenländernSeite 2
Positive Impulse der Dienstleister nur in wenigen ostdeutschen ZentrenSeite 3
Fazit Auf einer Seite lesenPositive Impulse der Dienstleister nur in wenigen ostdeutschen Zentren
Auf der Ebene der Kreise zeigt sich ein sehr heterogenes Bild. Vor allem in Ostdeutschland ging die Zahl der Erwerbstätigen zwischen 2011 und 2014 in einer großen Zahl von Kreisen zurück (vgl. Anhang Abbildung 1). Nur in wenigen Ballungszentren nahm die Beschäftigung spürbar zu. Dazu zählen neben Berlin mit seinem „Speckgürtel“ auch Leipzig und Dresden mit den umliegenden Kreisen sowie einige Kreise in Nordwestthüringen und im Nordwesten Mecklenburg-Vorpommerns. Aber auch in Westdeutschland gibt es Regionen, die sich erheblich unterhalb der gesamtdeutschen Beschäftigungsentwicklung befinden.
Betrachtet man die Expansionsbeiträge, so zeigt sich, dass in einer Reihe von Kreisen mit einer rückläufigen Beschäftigtenzahl positive Impulse vom Verarbeitenden Gewerbe ausgehen (vgl. Anhang Abbildung 2). Entscheidend für die ungünstige Entwicklung in Ostdeutschland sind die Dienstleistungsbereiche. Nur in wenigen Zen-tren und deren Umgebung wie Berlin, Leipzig, Dresden und Jena gehen von den Dienstleistern positive Beiträge für die Beschäftigung aus (vgl. Anhang Abbildung 3). Stellt man die Beschäftigungsentwicklung in den Kreisen den jeweiligen Wachstumsbeiträgen des Verarbeitenden Gewerbes bzw. der Dienstleistungen gegenüber, zeigt sich folgendes Bild: Das Beschäftigungswachstum in den Kreisen nimmt signifikant mit der Höhe der Wachstumsbeiträge der Dienstleistungsbereiche zu (vgl. Abbildung). Für das Verarbeitende Gewerbe ist dieser Zusammenhang zwischen Beschäftigungswachstum und Expansionsbeitrag deutlich schwächer.
Strukturelle Unterschiede
Bei der Analyse der regional unterschiedlichen Expansionsbeiträge der Dienstleistungsbereiche sind strukturelle Unterschiede zu beachten, die im Folgenden nur kurz skizziert werden können. Dazu zählen insbesondere der Anteil der Teilzeitbeschäftigten bzw. marginal Beschäftigten an den Erwerbstätigen, die demographische Entwicklung sowie Unterschiede in der regionalen Siedlungs- und Produktionsstruktur.
Teilzeitbeschäftigung
Der Anteil von sozialversicherungspflichtig Teilzeitbeschäftigten bzw. marginal Beschäftigten an der Beschäftigung ist in den jeweiligen Regionen sehr unterschiedlich. So war im Jahr 2014 der Anteil der marginal Beschäftigten an den Erwerbstätigen insgesamt im Landkreis Trier-Saarburg mit 23,5% am höchsten und in Wolfsburg mit 6,0% am niedrigsten. Die Arbeitszeiten dieser Beschäftigten liegen deutlich unter der Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten. Da der überwiegende Teil dieser Beschäftigten in den Dienstleistungsbereichen tätig ist, wird bei der Betrachtung der Erwerbstätigenzahl der tatsächliche Expansionsbeitrag der Dienstleistungsbereiche zu hoch ausgewiesen. Dieses Problem wird behoben, wenn das Arbeitsvolumen als Indikator des Arbeitsinputs verwendet wird. Dadurch wird der Wachstumsbeitrag der Dienstleistungsbereiche zwar deutlich geringer ausgewiesen, die Korrelation zwischen der Zuwachsrate des Arbeitsvolumens und den Wachstumsbeiträgen des Verarbeitenden Gewerbes bzw. der Dienstleistungsbereiche ist jedoch fast identisch mit der – in der Abbildung dargestellten – Korrelation zwischen der Zuwachsrate der Zahl der Erwerbstätigen und den Expansionsbeiträgen der beiden Bereiche.
Demographische Entwicklung
Die demographische Entwicklung hat maßgeblichen Einfluss auf den Expansionsbeitrag der Dienstleistungsbereiche. Dies betrifft insbesondere die öffentlichen und sonstigen Dienstleister. In Westdeutschland, wo die Bevölkerung zwischen 2011 und 2015 um 1,7% zunahm, betrug der Wachstumsbeitrag dieser Dienstleistungsbereiche 1,6 Prozentpunkte. In Ostdeutschland, wo die Zahl der Einwohner lediglich um 0,5% gestiegen war, lag der Beitrag der Dienstleistungsbereiche nur bei 0,7 Prozentpunkten. In den ostdeutschen Flächenländern – dort ging die Bevölkerung um 0,8% zurück – betrug der Wachstumsbeitrag –0,2 Prozentpunkte. Allerdings zeigten die Subsektoren der öffentlichen und sonstigen Dienstleister keine einheitliche Entwicklung. So war in den ostdeutschen Flächenländern der Wachstumsbeitrag der Gesundheits- und Sozialleistungen aufgrund der zunehmenden Alterung der Bevölkerung deutlich positiv, während dieser für die Bereiche öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung sowie Erziehung und Unterricht negativ war.
Siedlungs- und Produktionsstruktur
Bei der Analyse der Expansionsbeiträge der Dienstleistungsbereiche auf regionaler Ebene sind auch differierende Siedlungs- und Produktionsstrukturen zu beachten, wobei im Folgenden nur einige Aspekte angeschnitten werden können.
Die Siedlungsstruktur in Ostdeutschland ist durch eine geringe Agglomeration charakterisiert. Im Vergleich zu vielen westdeutschen Regionen gibt es nur wenige Ballungsräume. Ein Indiz dafür, dass Dienstleistungen in ländlichen Regionen weniger zum Beschäftigungsaufbau beitragen als in urbanen Regionen, sind die Expansionsbeiträge der Dienstleistungsbereiche in Landkreisen bzw. Stadtkreisen. So lag der Wachstumsbeitrag zwischen den Jahren 2011 und 2014 in den Stadtkreisen mit 2,5 Prozentpunkten deutlich höher als in den Landkreisen (1,6 Prozentpunkte).
Die Höhe der Wachstumsbeiträge des Verarbeitenden Gewerbes bzw. der Dienstleistungsbereiche wird auch durch die Interdependenzen zwischen dem Verarbeitenden Gewerbe und den Dienstleistungsbereichen bestimmt. Eine große Bedeutung hat dabei das outsourcing, mit dem arbeitsintensive und weniger produktive Wertschöpfungsstufen vor allem vom Produzierenden Gewerbe in die Dienstleistungsbereiche verlagert werden. Dabei spielen Lohnstrukturen eine maßgebliche Rolle.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Verarbeitenden Gewerbe in Ostdeutschland und Westdeutschland besteht in den intra-industriellen Strukturen. Eine Untersuchung für das Jahr 2008 zeigte, dass der Anteil der Fertigungsfunktionen in Ostdeutschland deutlich höher und der Anteil der Dienstleistungsfunktionen entsprechend geringer ist als in Westdeutschland. Dieser Befund muss im Kontext der Privatisierung der ostdeutschen Unternehmen zu Beginn der 1990er Jahre gesehen werden: Damals wurde oftmals eine „Konzen- tration auf das Kerngeschäft vorgenommen, und Dienstleistungsaktivitäten wurden in separate Unternehmen übertragen oder aufgegeben.“
Ein Merkmal der Produktionsstruktur in Ostdeutschland ist die geringe Zahl von Unternehmenszentralen. In diesen Headquartern sind humankapitalintensive Tätigkeiten wie beispielsweise Forschung und Entwicklung angesiedelt. Das dort beschäftigte Personal verfügt über ein überdurchschnittliches Einkommen. Dies wiederum induziert eine überdurchschnittliche Nachfrage nach personenbezogenen Dienstleistungen. Zudem gibt es erhebliche Effekte auf das regionale Steuerauf- kommen. Hinzu kommt, dass Unternehmenszentralen wissensintensive Dienstleistungen wie Rechts- und Beratungsleistungen attrahieren. All diese Impulse, die von Konzernzentralen auf die Dienstleistungsnachfrage ausgehen, sind in Ostdeutschland erheblich geringer als in Westdeutschland.