Inhalt
Seite 1
Die Ausgangslage für eine ReformSeite 2
Drei Reformoptionen Auf einer Seite lesenAbbildung 3 zeigt die relative Veränderung der Nettoeinkommen, die die Reformvorschläge für verschiedene Einkommensniveaus implizieren. Danach fiele die Entlastung bei allen Reformvorschlägen im unteren Bereich der Einkommensskala sowie bei Beziehern von Einkommen der oberen Mittelklasse etwas stärker aus als in anderen Bereichen. Allerdings ist die Veränderung des Nettoeinkommens bei Reformoption 2 über die Einkommensklassen hinweg recht ausgeglichen. Option 3 verursacht zwei relativ starke punktuelle Entlastungswirkungen bei zu versteuernden Einkommen von 16 000 und 55 000 Euro.
Die Tabelle zeigt die absoluten und relativen jährlichen Entlastungen, die sich für verschiedene zu versteuernde Einkommen bei Einzelveranlagung aus den alternativen Reformvorschlägen ergäben. Beim Reformvorschlag 1, bei dem der Spitzensteuersatz weiter nach oben verschoben würde als beim Reformvorschlag 2, fiele die Entlastung bei einem zu versteuernden Einkommen von 20 000 Euro geringer, bei einem zu versteuernden Einkommen von 70 000 Euro dagegen deutlich stärker aus. Dagegen fiele bei Reformvorschlag 3 die Entlastung bei einem zu versteuernden Einkommen von 30 000 Euro recht gering, bei einem zu versteuernden Einkommen von 70 000 Euro sehr hoch aus. Obwohl die absoluten Entlastungen bei den Reformoptionen 1 und 2 mit steigendem zu versteuernden Einkommen zunehmen, zeigt sich, dass die entsprechende relative Entlastung, also die prozentuale Verringerung der Steuerschuld gegenüber dem aktuell geltenden Einkommensteuertarif, bei niedrigeren Einkommen deutlich höher ausfiele als bei höheren zu versteuernden Einkommen.
Anreizeffekte der Reformoptionen
Bei sämtlichen Reformoptionen steigen die Grenzsteuersätze in den unteren und mittleren Einkommensintervallen weiterhin relativ stark an, was vor dem Hintergrund der oben beschriebenen effizienzpolitischen Überlegungen gerechtfertigt scheint. Zudem sehen alle drei Reformoptionen eine Senkung der Durchschnittssteuersätze vor. Für Geringverdiener werden dadurch höhere Anreize für eine Teilnahme am Arbeitsmarkt geschaffen. Reformoption 3 weist einen besonders niedrigen Durchschnittssteuersatz für zu versteuernde Jahreseinkommen bis 18 000 Euro aus. Die Anreizwirkungen der drei Reformoptionen für die Aufnahme einer regulären Beschäftigung dürften sich allerdings nicht wesentlich unterscheiden, da die Durchschnittssteuerlast knapp oberhalb des steuerfreien Existenzminimums nahezu identisch ist.
Bei höheren Einkommen sind Entlastungen u. a. deshalb geboten, weil der Spitzensteuersatz mittlerweile schon bei Einkommen greift, die lediglich das ungefähr 1,5-Fache des Durchschnittseinkommens betragen. Bei Vorschlag 1 greift der Spitzensteuersatz von 42% ab einem zu versteuernden Einkommen von 80 000 Euro. Diese Reformoption würde daher mit verhältnismäßig hohen positiven Anreizen in den höheren Einkommensklassen einhergehen. Die auf den ersten Blick etwas geringeren Entlastungen im mittleren Einkommensbereich bei Reformoption 1 und 2 können unter anderem dadurch gerechtfertigt werden, dass diese Einkommensgruppen im Rahmen der Steuerreform 2000/2001 überdurchschnittlich stark entlastet wurden.
Vorschlag 2 beinhaltet eine geringere Verschiebung des oberen Eckwerts (untere Einkommensgrenze, ab der der Spitzensteuersatz greift) als Vorschlag 1. Hingegen sind die Grenzsteuersätze für Geringverdiener niedriger als bei Vorschlag 1.
Vorschlag 3 wirkt in Teilabschnitten wie eine flat tax; so liegt beispielsweise der Grenzsteuersatz für Einkommen zwischen 8 653 Euro und 15 999 Euro konstant bei 14%. Auch im Einkommensbereich der oberen Mittelschicht (16 000 bis 54 999 Euro) ist die Grenzbelastung mit 30% verhältnismäßig niedrig und dürfte positive Anreizeffekte erzeugen. Zudem besticht der Stufentarif durch seine einfache Struktur, die die Steuertransparenz erhöht. Dieser Effekt sollte allerdings nicht überschätzt werden. Denn viel mehr als der Tarifverlauf trägt die große Anzahl an Ausnahmetatbeständen zur Erhöhung der Komplexität des deutschen Steuersystems bei.
Fazit
Alle drei Reformoptionen führen zu einer Entlastung in allen Einkommensgruppen und sind somit geeignet, die wirtschaftliche Aktivität in Deutschland zu stärken. Aus konjunktureller Sicht wäre eine schrittweise Entlastung zu begrüßen, um gegebenenfalls prozyklische Wirkungen zu dämpfen.
Welche der drei Reformoptionen für den deutschen Einkommensteuertarif am besten geeignet wäre, hängt letztlich davon ab, wie die Politik Effizienz- und Umverteilungsziele priorisiert. Soll durch die Reform eine möglichst ausgewogene Entlastung über alle Einkommensklassen erreicht werden, ist Reformvorschlag 2 zu empfehlen. Bei Variante 1 würde dagegen die obere Mittelschicht stärker entlastet. Zur Erhöhung der Transparenz wäre Option 3 besonders gut geeignet. Allerdings wäre es diesbezüglich ratsam, parallel zu einer Tarifreform Subventionen und Ausnahmetatbestände zu streichen. Diese dürften nämlich die Hauptursachen für Intransparenz im deutschen Steuersystem sein. Zudem würden dadurch die finanziellen Spielräume weiter erhöht.