Inhalt
Seite 1
Globalisierungsschübe damals und heuteSeite 2
Getreideimporte ins Deutsche Kaiserreich: Welche Regionen waren betroffen?Seite 3
Migration kann Handelsschocks abfedernSeite 4
Endnoten Auf einer Seite lesenWas bedeutet dies für die Politik?
Unsere Ergebnisse unterstreichen, dass Arbeitsmobilität entscheidend ist, um die auch heute immer wieder auftretenden Weltmarktschocks in den betroffenen Regionen abzufedern. Die Kosten der Mobilität sind heute jedoch höher als zur Zeit des Deutschen Kaiserreichs: Einerseits stellen neue Jobs höhere Anforderungen an die spezifische Qualifikation der Beschäftigten, andererseits verfügen die Menschen über mehr lokalen Besitz und sind sozial besser abgesichert – sie haben durch einen Umzug mehr zu verlieren.
Für die Politik besteht die Herausforderung darin, den nötigen Strukturwandel zu erleichtern, indem sie die Mobilitätskosten für die Betroffenen verringert. Neben direkten Hilfen zum Umzug ist dabei ein besseres Ausbildungs- und Umschulungssystem ein wichtiger Ansatz.
Auswirkungen des Handelsschocks
Unabhängig davon, welche dieser verschiedenen Techniken wir verwenden, bleiben die Ergebnisse im Wesentlichen die gleichen. Das gibt uns zusätzliche Sicherheit, die Effekte richtig identifiziert zu haben. Im Einzelnen finden wir in betroffenen Kreisen:
- einen deutlichen Rückgang der Beschäftigung,
- eine deutliche Zunahme der Emigration,
- eine schrumpfende Wirtschaftsleistung,
- keine Veränderung des Durchschnittseinkommens,
- keine Veränderung der Tagelöhne,
- keine Veränderung der Sterblichkeit,
- keine Stärkung protektionistischer Parteien,
- keine Stärkung der extremen Rechten.
Damit unterscheiden sich die Auswirkungen deutlich von denen, die heute in Industrieländern beobachtet werden können: Typischerweise sieht man heute nach Handelsschocks weniger Abwanderung aus den betroffenen Landkreisen, aber deutlich sinkende Löhne und eine Bevölkerung, die sich politisch polarisiert. Sogar erhöhte Sterblichkeit ist schon nachgewiesen worden.
Wir gehen davon aus, dass der Unterschied durch die deutlich höhere Mobilität der Arbeitskräfte zu erklären ist: Die von uns gemessenen Werte sind etwa viermal so hoch wie jene, die man für die USA nach Handelsschocks mit der gleichen Methodik finden kann. Dahinter steckt teilweise auch die ohnehin stattfindende Abwanderung aus ländlichen Gebieten in die expandierenden Industrien in den Städten. So war für die meisten der neuen Jobs in der Industrie keine Berufsausbildung und kein spezifisches Wissen von Nöten. Dazu kommen institutionelle Faktoren, die Migration erforderlich machten: Die Arbeitslosenversicherung und andere Hilfen waren wesentlich weniger ausgeprägt.