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Im Fokus: Sächsische Kooperationsstrukturen im 7. Forschungsrahmenprogramm der Europäischen Union

Im Bereich Forschung und Entwicklung (FuE) bieten zwischenbetriebliche Kooperationen die Möglichkeit, Spezialisierungsvorteile zu nutzen und Wissen auszutauschen. Für die Entstehung von Innovationen ist insbesondere personengebundenes Wissen wichtig, dessen Ausbreitung jedoch räumlich begrenzt ist. Für die Innovationsdynamik einer Region sind deswegen neben überregionalen Beziehungen auch regionale Kooperationen bedeutsam. Der vorliegende Beitrag analysiert die Kooperationsstrukturen innerhalb geförderter Verbundprojekte des 7. Forschungsrahmenprogramms der Europäischen Union (EU) für den Zeitraum von 2007 bis 2013. Die Untersuchung richtet sich auf den Freistaat Sachsen. Der Beitrag knüpft an eine Untersuchung aus dem Jahr 2013 an, die zeigte, dass sächsische Akteure in einer bestimmten Art von Förderprogrammen, den Bundesprogrammen, heute vergleichsweise viele Kooperationspartner in räumlicher Nähe wählen. Es zeigt sich, dass es formelle Kooperationen zwischen sächsischen Akteuren auch innerhalb der internationalen Konsortien der Forschungsrahmenprogramme der EU gibt. Damit ist der Grundstein für den Austausch von personengebundenem Wissen gelegt. Aus internationaler Perspektive waren in den angesprochenen Projekten vorwiegend Partner aus Westeuropa beteiligt.

17. Dezember 2014

Autoren Mirko Titze

Die Literatur kennt eine Reihe von Argumenten, warum der Austausch von Wissen innerhalb einer Region mit positiven Effekten auf die regionale Entwicklung verbunden ist. Insbesondere von FuE-Kooperationen wird eine positive Wirkung auf den Innovationserfolg von Unternehmen erwartet.  Eine aktuelle Studie  weist für deutsche Arbeitsmarktregionen nach, dass zwischen intra-regionalen Patentierungsaktivitäten und regionaler Innovationseffizienz ein positiver Zusammenhang besteht.

Kooperationsbeziehungen können komplementäre Wissensbestände zusammenführen.  Der Transfer von Wissen kann allerdings räumlich begrenzt sein. Dies trifft insbesondere auf das personengebundene Wissen zu, dessen Diffusion oftmals Face-to-Face-Kontakte und eine persönliche Vertrauensbasis erfordert. Hier erweist sich räumliche Nähe als sehr vorteilhaft. In interaktiven Prozessen entsteht somit neues Wissen, welches durch räumliche Nähe leicht unter den Akteuren diffundiert. Von diesen Prozessen erhofft man sich positive Impulse für die regionale Entwicklung.

An diesen Diskurs knüpft der vorliegende Beitrag an. Im Mittelpunkt stehen Kooperationen in geförderten Forschungs- und Entwicklungsprojekten. In den Projekten können die Akteure ihre Partner (weitgehend)  frei wählen. Wenn die oben genannten Theorien zutreffen, würde sich ein Akteur aus einer Region bei zwei nahezu identischen möglichen Partnern für denjenigen aus der eigenen Region entscheiden. In diesem Fall nämlich fände ein intensiver Wissenstransfer statt, der sich in einer besseren Performance niederschlagen dürfte.

Im Jahr 2013 wurde in diesem Kontext bereits eine Untersuchung zu den Kooperationsstrukturen in Bundesprogrammen der FuE-Förderung durchgeführt. Diese wird nun um jene aus dem
7. Forschungsrahmenprogramm der Europäischen Union erweitert. Zum jetzigen Stand der Forschung ist noch nicht klar, ob die Akteure in den Bundes- und in den EU-Programmen identisch sind. Für eine gewisse Anzahl an Akteuren mag dies zutreffen, allerdings sind ebenso andere Fälle wahrscheinlich, in denen Akteure in Bundes-, aber nicht in EU-Programmen oder umgekehrt gefördert wurden.

Ein weiterer Grund, zusätzlich EU-Programme zu analysieren, liegt in der Tatsache, dass die Literatur neben regionalen auch überregionale Wissensflüsse als unabdingbar diskutiert.  Kooperationen in den Forschungsrahmenprogrammen der EU sind per se international angelegt. Internationale Konsortien mit mehreren sächsischen Partnern sind dann ein Beleg dafür, dass sowohl global pipelines als auch local buzz ausgeprägt sind.

Rückblick auf eine Untersuchung aus dem Jahr 2013: Zunahme innersächsischer FuE-Kooperationen in Bundesprogrammen

In einer Analyse aus dem Jahr 2013  wurde untersucht, welche Kooperationsstrukturen sächsische Akteure in geförderten FuE-Verbundprojekten in Bundesprogrammen aufweisen und wie sich diese Strukturen über die Zeit verändert haben. Es zeigte sich, dass sächsische Akteure in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre noch wenige Beziehungen zu Partnern innerhalb Sachsen aufwiesen. Kooperationspartner wurden überwiegend in den Alten Ländern gefunden. In einem späteren Zeitraum dagegen wurden weit mehr Partner aus Sachsen (und auch aus den übrigen Neuen Ländern) gewählt (vgl. Tabelle, oberer Teil).

Kooperationen in Forschungsrahmenprogrammen der Europäischen Union

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) haben es sich zum Ziel gesetzt, die Union zu einem dynamischen, wissensbasierten Wirtschaftsraum zu entwickeln. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde das Konzept des Europäischen Forschungsraums entwickelt. Kern dieses Konzepts ist die Integration der wissenschaftlichen und technologischen Kapazitäten der einzelnen Mitgliedstaaten. Das wichtigste Instrument zur Umsetzung dieses Konzepts sind die seit dem Jahr 1984 angewendeten mehrjährigen EU-Forschungsrahmenprogramme. Auf thematisch fokussierte Ausschreibungen (so genannte Calls) können Konsortien einen Antrag auf Förderung stellen. Das Konsortium sollte aus mindestens drei Kooperationspartnern aus unterschiedlichen EU-Mitgliedstaaten (oder assoziierten Ländern) bestehen. Darüber hinaus können aber auch weitere Akteure, auch aus außereuropäischen Ländern (Drittstaaten), eingebunden sein.

Der folgende Abschnitt untersucht nun, ob in Konsortien mit mindestens einem sächsischen Partner weitere sächsische Akteure eingebunden sind. Ist dies der Fall, so spräche das für die Bedeutung des eingangs beschriebenen regionalen Transfers von Wissen auch im Kontext internationaler FuE-Zusammenarbeit.

Potenziale für intrasächsischen Wissenstransfer über Forschungsrahmenprogramme der EU

Als Maß für die Kooperationsintensität wird die Anzahl der Kontakte berechnet, die sächsische Akteure zu Partnern im eigenen Land bzw. in den anderen Ländern hatten. Die Informationen stammen aus der so genannten ECORDA-Datenbank und wurden entsprechend aufbereitet. Angenommen ein Konsortium  wird von fünf Partnern beantragt; zwei stammen aus Sachsen, einer aus Bayern, einer aus Frankreich und einer aus Polen. In diesem Fall wird ein Kontakt Sachsen/Sachsen gezählt, einmal Sachsen/übrige Alte Länder (Bayern), einmal Sachsen/übrige EU 15 (Frankreich) und einmal Sachsen/übrige EU 28 (Polen). Die Ermittlung der Kooperationsintensität erfolgt durch Auszählung über alle Konsortien.

Die Informationen über die Beteiligung der sächsischen Akteure aus Wissenschaft und Wirtschaft sind in der Tabelle dargestellt. Der obere Teil beinhaltet die Ergebnisse der Analyse aus dem Jahr 2013 und ist zu Vergleichszwecken erneut aufgenommen. Hier wurden Kooperationsstrukturen in Bundesprogrammen aus zwei Zeiträumen miteinander verglichen. Im Zeitraum von 1995 bis 2000 entfielen von insgesamt 5 258 Kontakten mit mindestens einer sächsischen Beteiligung 705 Kontakte (13,4%) auf die Kombination Sachsen/Sachsen. Die Kooperationsintensität erhöhte sich im Zeitraum von 2005 bis 2010 auf 27,8%. Die Potenziale für den Austausch personengebundenen Wissens haben sich demgemäß beachtlich erhöht.

In den Forschungsrahmenprogrammen der EU kommen nun Kooperationspartner aus dem Ausland hinzu (unterer Teil der Tabelle). In dem betreffenden Zeitraum gab es insgesamt 7 734 (6 444 + 1 290) Kontakte mit mindestens einem sächsischen Akteur;  5 837 (rund 75%) davon entfallen auf Akteure aus der sächsischen Wissenschaft. Die Tabelle offenbart auch, dass 6 444 von 7 734 aller Kontakte sächsischer Akteure (rund 83%) mit dem Ausland bestehen. Die Internationalität der Konsortien ist eine Voraussetzung für ihre Förderfähigkeit.

Die Förderregularien schließen jedoch nicht aus, auch weitere inländische Partner an dem Konsortium zu beteiligen. Im konkreten Fall kann nunmehr überprüft werden, aus welchen Regionen Deutschlands die 1 290 Partner aus Konsortien mit mindestens einer sächsischen Beteiligung kommen. 

Hier stammen 108 (8,4%) aus Sachsen – der überwiegende Teil (rund drei Viertel) aber sind Partner aus den Alten Ländern. Die Quote variiert zwischen Akteuren aus der Wissenschaft und der Wirtschaft. Im Bereich der sächsischen Wirtschaft ist die Kooperationsintensität (13,6%) höher als bei Akteuren der Wissenschaft (6,5%). Dieses Muster zeigte sich schon in den Bundesprogrammen. Insgesamt entspricht die innersächsische Kooperationsintensität des
7. Forschungsrahmenprogramms der EU in etwa derjenigen bei den Bundesprogrammen in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre.

Aus internationaler Sicht lässt sich erkennen, dass 4 978 von 6 444 ausländischen Kooperationspartnern (rund 77%) aus Ländern der
EU 15 stammen. Der Anteil von Partnern aus osteuropäischen Ländern (übrige EU 28) ist mit rund 10% nur unwesentlich größer als derjenige von Partnern aus dem übrigen Europa (rund 9%).

Fazit

Der vorliegende Beitrag zeigt, dass auch in internationalen Forschungskonsortien, wie jenen, die über das
7. Forschungsrahmenprogramm der EU gefördert werden, Kooperationsbeziehungen zwischen sächsischen Akteuren zustandekommen. Die Intensität ist zweifelsfrei niedriger als in vergleichbaren Programmen der Bundesförderung, da der Fokus auf der Zusammenarbeit mit internationalen Partnern liegt. Nichtsdestotrotz sind in Konsortien mit sächsischer Beteiligung mehr sächsische Partner als Partner aus den Nachbarländern Sachsen eingebunden.

Kooperationspartner in räumlicher Nähe sind wichtig für den Austausch von personengebundenem Wissen, denn dieser basiert auf einer besonderen Vertrauensbasis. Diese Vertrautheit aber kann nur entstehen, wenn die Akteure in einer gewissen Regelmäßigkeit von „Angesicht zu Angesicht“ miteinander interagieren.

Die Analysen haben gezeigt, dass auch in Forschungsrahmenprogrammen der EU durchaus mehrere sächsische Akteure in einem (internationalen) Konsortium involviert sind. Zusammen mit den früheren Befunden bezüglich der Bundesprogramme deutet dies auf Potenziale für eine räumliche Wissensdiffusion hin. Konstellationen, bei denen mehrere sächsische Akteure in einem EU-Konsortium aktiv sind, weisen zudem darauf hin, dass sowohl local buzz als auch global pipelines angelegt sind. Aus Sicht der einschlägigen Literatur ist dies positiv zu werten.

Eine interessante Forschungsfrage, die sich aus den Erkenntnissen des Beitrags ableitet, ist, welche Akteure in Bundes- und welche in EU-Programmen miteinander kooperieren, und ob es Überlappungen gibt. Zum aktuellen Stand der Forschung ist nicht bekannt, ob die Akteure in den Bundesprogrammen mit denen in den Forschungsrahmenprogrammen der EU identisch sind. Sollten sich diese Akteure nämlich unterscheiden, dann ließen sich durch eine solche Analyse die Wissensflüsse sehr viel detaillierter nachzeichnen und möglicherweise bislang unbekannte Verbindungen aufspüren.

Außerdem in diesem Heft

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15th IWH-CIREQ Macroeconometric Workshop: “Identification and Causality“

Matthias Wieschemeyer

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 6, 2014

Abstract

Am 1. und 2. Dezember 2014 fand am IWH in Zusammenarbeit mit dem Centre interuniversitaire de recherche en économie quantitative (CIREQ), Montréal, und der Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg (MLU) der 15. IWH-CIREQ Macroeconometric Workshop statt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland folgten auch in diesem Jahr der Einladung, ihre neuesten Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der angewandten Makroökonometrie vorzustellen.

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Aktuelle Trends: Betriebsschließungen in Deutschland: Konvergenz zwischen Ost und West

Daniel Fackler

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 6, 2014

Abstract

Für die dynamische Entwicklung einer Volkswirtschaft sind neben innovativen Neugründungen auch Betriebsschließungen von zentraler Bedeutung. Denn mit der Schließung unprofitabler Unternehmen sind gesamtwirtschaftliche Effizienzsteigerungen verbunden.

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Arbeitsmarktbilanz Ostdeutschland: Beschäftigungsrückstand gegenüber dem Westen etwas geringer als bisher ausgewiesen

Hans-Ulrich Brautzsch

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 6, 2014

Abstract

Für die Bundesländer liegen noch keine amtlichen Angaben zur Zahl der Erwerbstätigen vor, die mit den im Rahmen der Generalrevision 2014 der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen neu berechneten Erwerbstätigenzahlen für Deutschland insgesamt kompatibel sind. Die Entwicklung der Erwerbstätigkeit kann deshalb nur auf der Grundlage der revidierten Beschäftigungsstatistik analysiert werden. Die Zahl der Beschäftigten wurde in Ostdeutschland stärker nach oben korrigiert als in den Alten Bundesländern. Damit dürfte die Revision der Erwerbstätigenzahl für Ostdeutschland höher ausfallen als für Westdeutschland. Dies hat auch Auswirkungen auf die Arbeitslosenquote, die nunmehr etwas geringer ausgewiesen werden dürfte als zuvor. Die günstige Beschäftigungsentwicklung in der ersten Hälfte des Jahres 2014 dürfte dazu führen, dass im Durchschnitt des Jahres 2014 die Zahl der Erwerbstätigen in Ostdeutschland etwas über dem Vorjahreswert liegen wird. Die registrierte Arbeitslosigkeit wird – wie in den Jahren zuvor – vom schrumpfenden Arbeitsangebot beeinflusst. Die Arbeitslosenquote dürfte in diesem Jahr 9,5% betragen, nach 10,1% im Vorjahr.

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Eine flexible Ländersteuer bei einem hohen Ausgleich von Finanzkraftunterschieden

Martin Altemeyer-Bartscher

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 6, 2014

Abstract

Am Ende des Jahres 2019 tritt das Finanzausgleichsgesetz außer Kraft. Im Zuge dessen ergibt sich eine historische Chance, die Reibungsverluste im gegenwärtigen Ausgleichssystem durch eine Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen zu verringern. Ein aktuell viel diskutierter Vorschlag sieht eine flexible Ländersteuer vor. In diesem Beitrag wird analysiert, welche Auswirkungen eine solche erweiterte Steuerautonomie für die Bundesländer hätte und welche Möglichkeiten sich diesbezüglich für eine anreizfreundliche Neugestaltung des Finanzausgleichs mit hoher Ausgleichsintensität ergeben würden.

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Grußwort

Reint E. Gropp

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 6, 2014

Abstract

Am 1. November 2014 habe ich die Leitung des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle übernommen. Das Amt ist verbunden mit einem Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Als in den Neuen Ländern beheimatetes wirtschaftswissenschaftliches Forschungsinstitut soll das IWH auch unter meiner Leitung weiterhin ein Advokat Ostdeutschlands bleiben und die wirtschaftliche Entwicklung sowie die Wirtschaftspolitik der ostdeutschen Länder und Osteuropas im europäischen Kontext kritisch begleiten.

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