IWH-Konjunkturbarometer Ostdeutschland: Produktion schwenkt nach Dämpfer wieder auf Expansionspfad ein
Das Bruttoinlandsprodukt der ostdeutschen Flächenländer ist im ersten Halbjahr 2016 gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum laut Meldung der amtlichen Statistik mit 2,3% überraschend stark und im Gleichschritt mit dem früheren Bundesgebiet (einschließlich Berlin) gestiegen.
11. Januar 2017
Auf den hohen Zuwachs im zweiten Quartal folgte in den Monaten Juli bis Oktober die Ernüchterung. Das Bruttoinlandsprodukt ist – saisonbereinigt nach dem Berliner Verfahren – um 0,1% gesunken (Westdeutschland: +0,2%). Verantwortlich für den leichten Rückgang waren vor allem das Produzierende Gewerbe und der Handel, die wohl eine Verschnaufpause nach dem kräftigen Auftrieb davor einlegten. Deren Ausfall an Produktion konnte nicht vollständig durch die Leistungszuwächse der Bereiche Verkehr, Information und Kommunikation sowie der staatlichen Anbieter zur Versorgung und Integration der Asylsuchenden wettgemacht werden. Trotz des leichten konjunkturellen Schwächeanfalls im Jahresverlauf stieg das Bruttoinlandsprodukt in den ostdeutschen Flächenländern in den ersten drei Quartalen gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum um 1,9 %.
Für die Industrie kamen die konjunkturellen Dämpfer im dritten Quartal 2016 sowohl aus dem Inland als auch aus dem Ausland. Vor allem die Hersteller von Investitionsgütern und von langlebigen Konsumgütern mussten infolge der schwächelnden Nachfrage kräftige Umsatzrückgänge hinnehmen. Allein die Verbrauchsgüterproduzenten konnten ihren Absatz im Ausland steigern. Von der kräftigen Konsumkonjunktur in Deutschland profitierten verstärkt einige Anbieter von konsumnahen Dienstleistungen. Trotz der gestiegenen Nachfrage nach Wohnimmobilien und Bauten in die Infrastruktur gab die Bauproduktion im dritten Quartal nach.
Im Dienstleistungssektor verlief die konjunkturelle Entwicklung gespalten. Während Handel und Gastgewerbe etwas von ihrem Anteil an der Konsumfreude der privaten Haushalte verloren, gewannen die konsumnahen Dienstleister im Reiseverkehr, der Kommunikation und Information hinzu. Die öffentlichen Verwaltungen in den Ländern und Kommunen, vor allem aber das Gesundheitswesen, dehnten ihre Leistungen im Zusammenhang mit der Aufnahme weiterer Flüchtlinge und der Integration der Asylsuchenden verstärkt aus.
Im vierten Quartal 2016 dürfte sich die konjunkturelle Dynamik wieder erholen. Darauf verweisen die regelmäßigen Konjunkturumfragen des IWH im Baugewerbe und in der Industrie Ostdeutschlands. Das Geschäftsklima im Baugewerbe hat sich nochmals verbessert, der Aufschwung steht auf breiter Basis. Die Industriebetriebe schätzen zwar ihre Geschäftsaussichten und Produktionserwartungen etwas weniger zuversichtlich als zuvor ein. Die Indikatoren liegen aber weiterhin über dem langjährigen Durchschnitt. Die Maschinen- und Anlagenbauer melden laut Fachverband bei einem leicht gewachsenen Auftragspolster gleichbleibend gute Geschäftserwartungen. Alles in allem ist mit einem Zuwachs des Bruttoinlandsprodukts um 0,5% zu rechnen.