7. Konferenz “Von der Transformation zur europäischen Integration – Ostdeutschland und Mittelosteuropa in der Forschung des IWH“ – ein Bericht
Am 16. Dezember 2013 fand am IWH die Konferenz „Von der Transformation zur europäischen Integration – Ostdeutschland und Mittelosteuropa in der Forschung des IWH“ statt. Den Eröffnungsvortrag hielt der Minister für Wissenschaft und Wirtschaft des Landes Sachsen-Anhalt, Hartmut Möllring, zum Thema „Internationalisierungsstrategie für Sachsen-Anhalt: Ziele, Umsetzung und künftige Handlungsbedarfe“. In den darauf folgenden Vorträgen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des IWH wurden Befunde über die Internationalisierung des FuEStandortes Deutschland, die Umsetzung des europäischen Fiskalpakts und der deutschen Schuldenbremse, die Konjunkturentwicklung in Ostdeutschland und über die Auswirkungen der Preisliberalisierung auf das Städtesystem Russlands präsentiert. Den Abschluss bildete ein Podiumsgespräch mit Persönlichkeiten aus Unternehmen der Region und der Wissenschaft zum Thema: „Ostdeutsche Mittelständler auf Erfolgskurs in Europa – Was steckt dahinter?“
27. Februar 2014
Am 16. Dezember 2013 fand am IWH die Konferenz „Von der Transformation zur europäischen Integration – Ostdeutschland und Mittelosteuropa in der Forschung des IWH“ statt.
In ihrer Begrüßungsrede verdeutlichte Professorin Claudia M. Buch, Präsidentin des IWH und Leiterin der Abteilung Finanzmärkte, dass es sich lohne, Transformationsprozesse, die formal seit langem abgeschlossen sind, weiter zu erforschen. Der Umbau von Institutionen in Transformationsökonomien sei nicht abgeschlossen, und der wirtschaftliche Aufholprozess ist ins Stocken geraten. Die ostdeutschen Erfahrungen seien auch anderswo in Europa von Bedeutung.
Minister Möllring: Erfahrungen erfolgreicher Exporteure stärker publik machen
Den Eröffnungsvortrag hielt Hartmut Möllring, Minister für Wissenschaft und Wirtschaft des Landes Sachsen-Anhalt. Er referierte zum Thema „Internationalisierungsstrategie für Sachsen-Anhalt: Ziele, Umsetzung und künftige Handlungsbedarfe“.
Auch Sachsen-Anhalt sei mit weltweiten Lieferströmen verwoben. Die Exporte in Sachsen-Anhalt haben sich in den vergangenen zehn Jahren fast verdreifacht. Dennoch seien weitere Steigerungen nötig und möglich. Dies werde auch an der Exportquote deutlich, die in Sachsen-Anhalt nicht nur deutlich unter dem gesamtdeutschen Durchschnitt, sondern auch unter dem der anderen Neuen Bundesländer liegt. Die Ursachen dafür liegen vor allem in dem Übergewicht kleiner und mittelständischer Unternehmen sowie in einer überdurchschnittlichen Bedeutung der Produktion von Vorleistungsgütern, die erst nach Lieferung an westdeutsche Endproduzenten in die Exportstatistik eingehen. Neben Ansiedlungs- und Innovationsförderung könne eine intensivere Beratung kleinen und mittleren Unternehmen helfen, mehr zu exportieren. Der Minister resümierte, dass es wenig nütze, nur den Exportrückstand zu beklagen. Wichtiger sei es vielmehr, Erfahrungen erfolgreicher Exporteure, die es durchaus gibt, zu verbreiten, wie z. B. die folgenden: Spezialglas der Firma „f-Glass“ aus Osterweddingen ziert die ersten 20 Stockwerke des neuen World Trade Centers in New York. Und die hallesche Firma Glasbau Gipser deckte zur Fußball-WM 2010 das Greenpoint-Stadion in Kapstadt mit dem weltweit größten Glasdach auf einem Stadion ein: 38 000 Quadratmeter, 1 800 Tonnen. Zwei Beispiele für zahlreiche weitere Exportschlager aus Sachsen-Anhalt.
IWH-Vorträge: Regionale Ökonomien und Integration sind stark miteinander verbunden
An die Eröffnung schlossen sich vier wissenschaftliche Vorträge aus dem IWH an, aus denen deutlich wurde, wie eng Integrationsprozesse und regionale Wirtschaftsentwicklung verflochten sind. Dr. Eva Dettmann referierte über die „Internationalisierung des Forschungsstandortes Deutschland“ und ging der Frage nach, was den Standort attraktiv für Forschungsaktivitäten ausländischer Unternehmen macht. Dies hänge stark von den Wissensverflechtungen der Sektoren, der Spezialisierung und der Verfügbarkeit von hochqualifizierten Mitarbeitern ab. Anschließend arbeitete Juniorprofessor Dr. Martin Altemeyer-Bartscher im Vortrag zum Thema „Europäischer Fiskalpakt und Schuldenbremse: Implementationsprobleme im föderalen System Deutschlands“ heraus, dass ein langfristig stabiles Funktionieren der Schuldenbremse die Bedeutung eines horizontalen Ausgleichs der Finanzkraft unterstreicht und sich zugleich die Aufmerksamkeit auf eine mögliche Rolle einer stärkeren dezentralen Steuerautonomie richten müsse. Danach referierte Dr. Axel Lindner zur aktuellen gesamtwirtschaftlichen Lage in Ostdeutschland. Er zeigte unter anderem, dass die starke Vorleistungsorientierung der ostdeutschen im Vergleich zur westdeutschen Industrie dazu führe, dass die Rezession im Euroraum den Osten stärker trifft. Schließlich thematisierte Dr. Albrecht Kauffmann die „Auswirkung gestiegener Transportkosten auf das Städtesystem: Das Beispiel Russlands nach der Liberalisierung des Preissystems“. Im Ergebnis habe sich das Zentrum-Peripherie-Gefälle verstärkt.
Podiumsgespräch: Viele Wege führen zum Exporterfolg
Die Tagung endete mit einem Podiumsgespräch „Ostdeutsche Mittelständler auf Erfolgskurs in Europa – Was steckt dahinter?“ Am Gespräch nahmen teil: Cornelia Beau, Geschäftsführerin der HAINICH Konserven GmbH, Prof. Dr. Bernhard Boockmann, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung e. V. (IAW), Dipl.-Ing. Olaf Brauer, Geschäftsführer der Mechanik Taucha Fördertechnik GmbH, Prof. Dr. Claudia M. Buch, Präsidentin des IWH, Leonid Gimbut, Digittrade GmbH, Hans-Joachim Münch, geschäftsführender Gesellschafter der SONOTEC Ultraschallsensorik Halle GmbH sowie Dr. Ulf-Marten Schmieder, Geschäftsführer der Univations GmbH – Institut für Wissens- und Technologietransfer an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Moderiert wurde das Gespräch von Ralf Geißler (MDR Hörfunk). Es wurde die Frage aufgeworfen, ob Unternehmen klein seien, weil sie wenig exportieren beziehungsweise forschen, oder ob es sich umgekehrt verhalte? Geantwortet wurde, dass auch kleine Unternehmen erfolgreich auf Auslandsmärkten sein können. Sie träfen bewusst eine Entscheidung, nicht auf den Binnenmarkt, sondern auf Expansionskurs ins Ausland zu gehen. Aus den Unternehmensbeispielen lassen sich vier Gründe für den Exporterfolg ablesen: a) Technologieintensität, Alleinstellung und Produktqualität; b) bewusste Entscheidungen für den Export und die Verfügbarkeit von für das Exportgeschäft qualifiziertem Personal; c) Nutzung individueller Chancen (Fremdsprachenkompetenz und persönliche Verbindungen ins Zielland) und Überwindung der Scheu vor dem Exportieren; und d) ein individuell geschnürtes Bündel von Maßnahmen der Vertriebsorganisation. Auf Auslandsmärkten zu expandieren, erfordert aber auch Zeit, Investitionen, die Präsenz auf Fachmessen und -kongressen usw. Die Unternehmensbeispiele zeigen, dass Exporterfolge quer durch das Branchenspektrum erzielbar sind. Die Politik sollte bei der Exportförderung auf eine Ex-ante-Auswahl zukunftsträchtiger Branchen verzichten.