Binnenwirtschaft trägt Konjunktur in Deutschland
In diesem Artikel wird die Konjunkturprognose des IWH vom 12. Dezember 2013 zusammenfassend dargestellt. Die Weltwirtschaft dürfte im Jahr 2014 in moderatem Tempo expandieren. Die wirtschaftliche Erholung im Euroraum bleibt schleppend. In Deutschland setzt sich dagegen der im Frühjahr 2013 begonnene Aufschwung fort. Er wird von der binnenwirtschaftlichen Nachfrage getragen. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte im Jahr 2014 um 1,8% (66%-Prognoseintervall: 1,0% bis 2,7%) zulegen, nach 0,4% im Jahr 2013. Die Arbeitslosenquote sinkt leicht auf 6,5%, die Verbraucherpreise steigen wie schon 2013 um 1,5%. Der Finanzierungssaldo des Staates nimmt konjunkturbedingt noch etwas zu, auf 0,3% im Jahr 2014.
27. Februar 2014
Zum Ende des Jahres 2013 expandiert die Weltproduktion in einem Tempo, das in etwa dem Durchschnitt der vergangenen Jahrzehnte entspricht. Damit hat sich die internationale Konjunktur im Verlauf des Jahres 2013 von der Schwächephase im vergangenen Winter erholt. Im Jahr 2014 dürfte die gegenwärtige konjunkturelle Dynamik in etwa gehalten werden. In den USA wird die Konjunktur voraussichtlich deutlich anziehen. Die Produktion in den Schwellenländern wird wohl weiterhin in für diese Ländergruppe nur geringem Tempo zunehmen, auch weil sich die Finanzierungsbedingungen für eine Reihe von Ländern verschlechtert haben. Die Wirtschaft des Euroraums dürfte sich weiter langsam erholen, denn die Dämpfung von Seiten der Finanzpolitik lässt deutlich nach, und die Schrumpfungsprozesse laufen langsam aus. Zudem profitieren Volkswirtschaften mit funktionierendem Transmissionsmechanismus zwischen Geldpolitik und Realwirtschaft – etwa Deutschland und Frankreich – von sehr günstigen Finanzierungsbedingungen. Weil aber die Finanzierungsbedingungen in den Krisenländern des Euroraums schwierig bleiben und in einigen Ländern, zumal in Italien, notwendige Strukturreformen noch kaum vorangekommen sind, dürfte die Erholung im Euroraum alles in allem schwach bleiben.
In Deutschland setzt sich der im Frühjahr begonnene binnenwirtschaftliche Aufschwung fort. Das Winterhalbjahr 2013/2014 scheint aktuellen Produktionszahlen zufolge allerdings schwach zu beginnen; das Bruttoinlandsprodukt dürfte im Jahr 2013 nur um 0,4% zunehmen (66%-Prognoseintervall: 0,3% bis 0,5%). Insgesamt weist die deutsche Wirtschaft aber eine gute Konstitution auf. Die Erwerbstätigkeit ist auch wegen arbeitsmarktbedingter Zuwanderung aus Europa auf einem historischen Hoch und die realen verfügbaren Einkommen steigen beschleunigt. Die binnenwirtschaftlichen Expansionskräfte dürften deshalb nach dem mäßigen Winterbeginn wieder stärker an Boden gewinnen. Dieses Gesamtbild bleibt auch für den weiteren Verlauf von 2014 und 2015 bestimmend. Mit der langsamen Erholung in Europa werden die Exporte an Kraft und Dynamik gewinnen. Angesichts der breit angelegten Belebung der Binnennachfrage werden aber auch die Importe im Prognosezeitraum weiter kräftig zulegen, sodass der Außenhandel wohl per saldo einen negativen Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen Expansion liefern wird. Alles in allem wird sich die Produktion in Deutschland im Jahr 2014 beschleunigen. Nach einer leichten Unterauslastung der Kapazitäten im Jahr 2013 dürfte die Produktionslücke im Prognosezeitraum positiv ausfallen. Die gesamtwirtschaftliche Produktion steigt im Jahr 2014 wohl um 1,8% (66%-Prognoseintervall: 1,0% bis 2,7%). Die Verbraucherpreisinflation dürfte in den Jahren 2013 und 2014 bei 1,5% liegen.
Auch Ostdeutschland wird vom Aufschwung profitieren, wenn auch mit Verzögerung. Im Jahr 2013 dürfte die Produktion stagniert haben. Allerdings ist das Trendwachstum in Ostdeutschland aufgrund des demographisch bedingten Sinkens des Arbeitsangebots niedriger als in Gesamtdeutschland, und deshalb wird der Produktionszuwachs auch 2014 in Ostdeutschland (ohne Berlin) um etwa einen halben Prozentpunkt niedriger sein als in Westdeutschland.
Die Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung hängen an Belastungsfaktoren, die für jeden der großen Wirtschaftsräume verschieden sind. Im Euroraum sind es die Probleme von Staatshaushalten und Banken, in den USA der Haushaltsstreit und für eine Gruppe von Schwellenländern mit hohen Leistungsbilanzdefiziten der Verlust an Vertrauen der Finanzinvestoren. Die chinesische Wirtschaft leidet unter mangelhaften Steuerungsmechanismen bei der Auswahl von Investitionsprojekten, besonders im Immobiliensektor. Dass sich die Weltwirtschaft deutlich schwächer entwickelt als hier prognostiziert, ist insbesondere dann zu erwarten, wenn mehrere der Belastungsfaktoren zugleich wesent¬lich an Gewicht gewinnen. In Deutschland könnten die im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD geplanten Maßnahmen mittelfristig dämpfend auf das Wirtschaftswachstum wirken.
Die öffentlichen Haushalte weisen im Jahr 2013 einen etwas höheren Überschuss auf als im Jahr zuvor. Der staatliche Finanzierungssaldo verbessert sich damit allerdings weit weniger als in den beiden Vorjahren. Dies ist auf schwächer steigende Einnahmen, insbesondere aber auf einen stärkeren Ausgabenanstieg zurückzuführen. Im Jahr 2014 wird sich der Finanzierungssaldo des Staates trotz der Mehrausgaben für sozialpolitische Maßnahmen und staatliche Investitionen aufgrund konjunkturbedingt beschleunigt expandierender Einnahmen weiter verbessern. Im Jahr 2014 beläuft sich der gesamtstaatliche Finanzierungssaldo auf 0,3% in Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt. Der strukturelle Finanzierungssaldo dürfte sich allerdings verschlechtern.
Die schwache Entwicklung im Winterhalbjahr 2012/2013 hat auch ein niedrigeres durchschnittliches Wirtschaftswachstum in der mittleren Frist in Deutschland zur Folge als noch im Herbst unterstellt. Zwischen 2012 und 2018 ist mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate des Bruttoinlandsproduktes von 1¼% pro Jahr zu rechnen. Hierbei wird angenommen, dass die Kapazitäten der deutschen Wirtschaft mittelfristig leicht überdurchschnittlich ausgelastet sein werden, unter anderem weil die einheitliche europäische Geldpolitik in Deutschland noch längere Zeit expansiv wirken dürfte. Die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns dürfte hingegen dämpfend wirken.