Inhalt
Seite 1
Ausgewählte industrielle Kerne in OstdeutschlandSeite 2
Historische Wurzeln des StandortsSeite 3
Beschäftigung Auf einer Seite lesenBeschäftigung
Ende 1989 beschäftigte der Stammbetrieb des Kombinats VEB Chemische Werke Buna 18 200 Personen. In der Zeit vor der Privatisierung wurde massiv Personal abgebaut. Die Beschäftigtenzahl schrumpfte bis Mai 1991 bereits auf 14 600. Neue Beschäftigungsmöglichkeiten fanden sich zum Teil durch Ausgliederungen und – temporär – in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Im Jahr 1994 umfassten die drei Betriebe in Schkopau, Böhlen und Leuna, die später gemeinsam mit dem Standort Teutschenthal zum Olefinverbund zusammengefasst wurden, noch 6 000 Beschäftigte. Im Jahr 2003 waren im Olefinverbund 2 285 Personen tätig. Laut Dow-Angaben vom Juli 2015 sind an den vier mitteldeutschen Standorten zusammengenommen nunmehr 1 700 Mitarbeiter tätig, zu denen 1 200 Arbeitsplätze hinzukommen, die im so genannten ValuePark®, einem von Dow betriebenen Industriepark (vgl. weiter unten), geschaffen wurden.
Regionale Umgebung, überregionaler Status sowie Forschung und Entwicklung
The Dow Chemical Company verfügt in Deutschland über 17 Standorte und beschäftigt über 5 000 Mitarbeiter. Die Aktivitäten in Deutschland werden von Schwalbach aus geleitet. Der Stoffverbund (Olefinverbund) zwischen den vier mitteldeutschen Produktionsstandorten, der im Vorfeld der Privatisierung konzipiert worden war, zählt zu den Vorteilen, die den mitteldeutschen Standort attraktiv gemacht haben. Die vier Standorte der Dow Olefinverbund GmbH sind durch ein Pipeline-Netz verbunden, das wiederum mit dem Dow-Tochterunternehmen in Stade und dem Rostocker Hafen verbunden ist. Die Pipeline-Verbindungen haben eine Länge von 1 300 km. Das Pipeline-Netz ist angesichts der Binnenlage des mitteldeutschen Chemiestandorts sehr wichtig für eine wirtschaftliche Produktion. Um vor Ort Verbundvorteile mit anderen Unternehmen zu generieren, betreibt die Dow Olefinverbund GmbH in Schkopau sowie in Böhlen einen Industriepark, den so genannten ValuePark®. Dort sind 21 Kunststoff herstellende und verarbeitende Unternehmen sowie chemiebezogene Dienstleister angesiedelt.
Im Schkopauer Teil dieses Industrieparks sind auch Forschungseinrichtungen angesiedelt, und zwar das Fraunhofer-Pilotanlagenzentrum für Polymersynthese und -verarbeitung PAZ, dessen thematische Schwerpunkte Kautschuk und Kunststoffe sind, sowie das Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP. Was die Ausstattung mit qualifizierten Arbeitskräften betrifft, weist der Saalekreis, in dem der Standort Schkopau gelegen ist, einen Anteil von Beschäftigten mit dem Anforderungsniveau „Fachkraft“ auf, der über dem Bundesdurchschnitt liegt. Der Anteil von Beschäftigten mit dem Anforderungsniveau „Spezialist“ oder „Experte“ liegt im Saalekreis zwar etwas über demjenigen im Kreis Stade, wo sich ebenfalls ein Dow-Standort befindet, allerdings unter dem Bundes- und auch unter dem ostdeutschen Durchschnitt (vgl. Abbildung).
Die Chemiebranche steht inzwischen in Europa und in Deutschland vor großen Herausforderungen. Für die Produktion von energieintensiven chemischen Produkten bieten Hersteller in den USA wegen der Schiefergasausbeutung günstige Alternativen; Wettbewerbsdruck kommt auch von Herstellern in Asien und im arabischen Raum. In Europa und Deutschland wird man daher auf mittlere und lange Sicht nur mit forschungsintensiven innovativen chemischen Produkten und Verfahren auf den internationalen Märkten bestehen können.
Mit Blick auf die Subventionen in Höhe von 9,5 Mrd. DM für den im Beitrag geschilderten Privatisierungsfall wird in der öffentlichen Debatte auch die Frage laut, ob man diese Geldsumme eventuell hätte anders ausgeben und dadurch einen größeren Effekt hätte erzielen können. Angesichts der damaligen dramatischen De-Industrialisierung und des Verlusts von rund zwei Millionen Industriearbeitsplätzen innerhalb weniger Jahre hätten derartige Überlegungen verständlicherweise keine Akzeptanz gefunden. Für die Zukunft stellt sich aber durchaus die Frage, worin das „Geschäftsmodell“ der deutschen Industrie bestehen wird und wofür Steuergelder eingesetzt werden sollen. Forschungs- und Designaktivitäten in Deutschland und kostengünstige Produktion anderswo in der Welt könnten eine der künftigen Entwicklungsrichtungen sein.