Inhalt
Seite 1
Ausgewählte industrielle Kerne in OstdeutschlandSeite 2
Historische Wurzeln des StandortsSeite 3
Beschäftigung Auf einer Seite lesenHistorische Wurzeln des Standorts
Die chemische Produktion am Standort Schkopau geht zurück auf die Errichtung eines Werkes zur Herstellung von synthetischem Kautschuk in den Jahren 1936/1937 durch die damalige I.G. Farbenindustrie AG. Die Errichtung des Werkes in der Zeit des Nationalsozialismus war rüstungswirtschaftlich motiviert. Die Wahl fiel auf Schkopau, weil es unter anderem Synergien zum Chemiestandort Leuna ermöglichte. Das Werk in Schkopau firmierte als Buna Werke GmbH Schkopau und war ein Tochterunternehmen der Ammoniakwerk Merseburg GmbH.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Buna-Werke in eine sowjetische Aktiengesellschaft überführt, einzelne Anlagen demontiert, und aus der laufenden Produktion mussten Reparationsleistungen erbracht werden. Im Jahr 1954 wurde das Werk in das Volkseigentum der DDR überführt. Wirtschaftshistoriker verweisen auf die produktivitätsmindernden Folgen der Teilung Deutschlands für den mitteldeutschen Chemiestandort: Es mussten eigene Kapazitäten für den Anlagenbau, der zuvor in Mitteldeutschland nicht existierte, sowie für Reparaturen errichtet werden. Auch die Rohstoffbasis musste an die Bedingungen der Teilung angepasst werden. Dies bedeutete, weiter auf die veraltete Kohlechemie zu setzen. Im Jahr 1958 beschloss die zentrale Planungsbehörde der DDR ein so genanntes Chemieprogramm, das einerseits die Chemieproduktion auf Erdölbasis einführen und andererseits auch die veraltete Kohlechemie fortführen sollte. Das Programm und ein Folgeprogramm führten also nicht zum kompletten Umstieg auf petrochemische Anlagen. Aufgrund begrenzter Erdölimportmöglichkeiten und mangelnder Investitionskraft mussten Anlagen der Kohlechemie weiter genutzt werden, mit fatalen Folgen für die Umwelt. Ferner führten zu kleine Anlagen zu hohen Produktionskosten. Noch ein Jahr vor dem Mauerfall hatte die DDR-Regierung die Perspektiven für die Kohlechemie bis zum Jahr 2000 abgesteckt.
Im Jahr 1990 wurde das vormalige Kombinat VEB Chemische Werke Buna in die Buna AG umgewandelt und der Treuhandanstalt mit dem Ziel der Privatisierung zugeordnet. Die erfolgreiche Privatisierung ließ beinahe fünf Jahre auf sich warten. In einer Rede in Schkopau am 10. Mai 1991 versprach der damalige Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl, sich für den Erhalt des Chemiedreiecks, zu dem die Buna-Werke gehörten, einzusetzen. Womöglich wäre ohne dieses politische Versprechen die Privatisierung der Buna-Werke gar nicht zustande gekommen, denn die Märkte in Ostdeutschland hätten sich angesichts der Überkapazitäten im Westen auch von dort beliefern lassen. Zudem waren die Bedingungen für eine rentable Produktion vor Ort anfänglich nicht gegeben. Der Zusammenbruch der früheren Absatzmärkte im östlichen Europa und des DDR-Marktes führten zu hohen Verlusten. In den Buna-Werken beliefen sie sich im Jahr 1991 auf 408 Mio. DM und im Jahr 1992 auf 356 Mio. DM, in Böhlen auf 141 bzw. 177 Mio. DM. Am 1. März 1994 wurde die Buna AG in eine GmbH umgewandelt.
Am 4. April 1995 wurde der Privatisierungsvertrag unterzeichnet. Der neue Eigentümer war The Dow Chemical Company. Zunächst ging die wirtschaftliche Verantwortung an den neuen Eigentümer über. Erst im Jahr 1997 wurden 80% der Geschäftsanteile und im Jahr 2000 die übrigen Anteile, die bis dahin bei der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) als Treuhand-Nachfolgerin lagen, übernommen. Im Zuge der Privatisierung entstand daher das Unternehmen Buna Sow Leuna Olefinverbund GmbH, das die genannten drei Produktionsstandorte in Schkopau, Böhlen und Leuna sowie die Untergrundspeicher in Teutschenthal unter einem Unternehmensdach vereinigte. Das Unternehmen firmiert inzwischen als Dow Olefinverbund GmbH. Der Privatisierungsvertrag sah, wie der Darstellung von Bernhard H. Brümmer zu entnehmen ist, staatliche Hilfen für Investitionen, Boden, Energie, Abriss, Entschuldung, Ausgleich von Standortnachteilen und Verlustausgleich vor. Die EU-Kommission hatte insgesamt Beihilfen im Umfang von 9,5 Mrd. DM genehmigt.
Investitionen
In der Zeit zwischen Mitte 1990 bis zur Privatisierung wurden veraltete Produktionsanlagen, z. B. der Kohlechemie, stillgelegt und abgerissen. In den Erinnerungen des damaligen Vorsitzenden der Geschäftsführung, Bernhard H. Brümmer, ist von 80 stillgelegten Anlagen die Rede. Ferner wurden neue Unternehmenskonzepte entwickelt, einschließlich eines stofflichen Verbundes zwischen dem Standort in Böhlen, wo ein Cracker chemische Ausgangsstoffe herstellt und auch Weiterverarbeitung erfolgt, und den Produktionsstätten in Schkopau und Leuna, in denen die Weiterverarbeitung unter anderem zu Kunststoffen stattfindet. Der Verwaltungsrat der Treuhandanstalt beschloss am 18. August 1994 das Restrukturierungskonzept mit dem Olefinverbund als Kern und machte damit diese Chemiestandorte für die Privatisierung interessant. Bis zum Jahr 2000 wurden vom neuen Investor 60 alte Produktionsanlagen abgerissen und 15 neue errichtet, neun wurden modernisiert, mit einem Investitionsvolumen einschließlich Infrastrukturvorhaben von 2,7 Mrd. Euro; weitere 800 Mio. Euro wurden danach investiert.