Inhalt
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EinleitungSeite 2
Staatliche Beschaffung als innovationspolitisches InstrumentSeite 3
Empirische Evidenz Auf einer Seite lesenEmpirische Evidenz
Die für die Wirtschaftspolitik essenzielle Quantifizierung des Effekts der staatlichen Nachfrage auf private FuE-Investitionen erfolgt am Beispiel von US-amerikanischen Daten für den Zeitraum von 1999 bis 2009, die in hoher Qualität vorliegen und vor allem detaillierte Informationen über die öffentliche Beschaffung enthalten. Konkret wird untersucht, inwiefern die Erhöhung des Anteils der Ausgaben der föderalen Bundesregierung für Produkte in Hightech-Branchen in den einzelnen Bundesstaaten bei gegebenem Gesamtbudget zusätzliche private FuE-Ausgaben in den jeweiligen Staaten stimuliert. Methodisch wird ein multivariater Regressionsansatz angewendet, bei dem weitere mögliche Einflussfaktoren privater FuE berücksichtigt werden, wie z. B. Subventionen, Steuererleichterung, Gesellschafts- und Körperschaftssteuer, FuE-Aufträge des Staates, diverse öffentliche Transfers, Effekte von Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen sowie weitere unbeobachtete, staatsspezifische, zeitinvariate Effekte. Zudem wird ein Instrumentenvariablen-Ansatz verwendet, der weitere zeitvariable und unbeobachtete Einflüsse ausschließt und somit kausale (Ursache-Effekt-)Aussagen ermöglicht. Im Einklang mit den theoretischen Überlegungen zeigt die Abbildung, dass die privaten FuE-Investitionen höher sind in Bundesstaaten mit hoher Nachfrage der föderalen Bundesregierung in Hightech-Branchen. Dieser erste visuelle Eindruck wird von den Ergebnissen der rigorosen ökonometrischen Analyse bestätigt. Eine Erhöhung der öffentlichen Ausgaben in Hightech-Branchen führt zu zusätzlichen privaten FuE-Ausgaben in der Gesamtwirtschaft. Dieses Ergebnis gilt für jedes Niveau der staatlichen Ausgaben in Nicht-Hightech-Branchen sowie für ein gegebenes Gesamtbudget des Staats, was auf die Möglichkeit hindeutet, private FuE budgetneutral, also ohne Steuererhöhung, zu fördern. Zudem erlauben die Ergebnisse des Instrumentenvariablen-Ansatzes eine kausale (Ursache-Wirkung-)Interpretation der Effekte.
Implikationen
Die Ergebnisse der Untersuchung legen nahe, dass eine Innovationspolitik die Effekte der staatlichen Beschaffung nicht per se ignorieren darf, denn die Art der vom Staat beschafften Güter, Dienstleistungen und Technologien kann die Höhe der privaten FuE-Investitionen beeinflussen.
Die staatliche Einkaufspolitik steht dieser Erkenntnis jedoch eher entgegen. Grundsätzlich verzichten staatliche Einkäufer häufig auf innovationspolitisch motivierte Ausschreibungskriterien und ziehen stattdessen den niedrigsten Preis als Vergabekriterium heran. Untersuchungen zum deutschen Beschaffungssystem deuten darauf hin, dass staatliche Einkäufer im Vergleich zum Endkonsumenten eher konservative Produkte und Dienstleistungen bevorzugen. Dabei gilt eine einseitige Fokussierung auf den Einkaufspreis selbst unter rein ökonomischen Aspekten als nicht unumstritten, da der Nutzwert und die gesamten Lebenszykluskosten einer zu beschaffenden Leistung nicht immer oder nicht vollständig in die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einbezogen werden. Gerade zur Senkung der Lebenszeitkosten, dies zeigt unter anderem eine Studie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, können innovative Leistungen einen entscheidenden Anstoß liefern.
Allerdings setzt eine Transformation der regelgebundenen und stark preisorientierten staatlichen Einkäufer in „Entrepreneurs“ und die endgültige Aufnahme der öffentlichen Beschaffung in das innovationspolitische Instrumentarium eine Diskussion weiterer wichtiger Aspekte voraus, wie z. B. technologische Lock-ins (falls die staatliche Beschaffung bestimmte Technologien favorisiert), Nichtdiskriminierung bestimmter privater Akteure (d. h. Branchen und Firmen), Anpassungs- und ggf. Lähmungseffekte auf Seiten der begünstigten Unternehmen sowie eine Kosten-Nutzen-Analyse im Vergleich mit anderen FuE-Förderinstrumenten. Allen voraus jedoch darf die Sicherstellung der Primärfunktionen des Staates (Bereitstellung bestimmter öffentlicher Güter und Funktionen in entsprechender Qualität) nicht kompromittiert werden.