Aktuelle Trends: Zu den Effekten der Generalrevision des Bruttoinlandsprodukts
Seit August 2014 werden in Deutschland die neuen Regeln des Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen 2010 (ESVG 2010) für die Berechnung des Bruttoinlandsprodukts angewendet.a Damit ergibt sich ein deutlicher Niveausprung in den Ursprungswerten nach oben, der vor allem aus der Zuordnung der Ausgaben für Forschung und Entwicklung resultiert. Diese werden nun als Investitionen und nicht mehr als Vorleistung verbucht. Ferner wurden datenbedingte Korrekturen und konzeptionelle Änderungen umgesetzt. Die jährlichen Wachstumsraten weichen bis zu 0,3 Prozentpunkte von den im Mai veröffentlichten Zahlen ab. Die generelle Wachstumsdynamik bleibt jedoch nahezu unverändert. Noch größer sind die Revisionen der vierteljährlichen saison- und kalenderbereinigten Werte.
29. August 2014
Die Änderungen betragen bis zu 0,5 Prozentpunkte. Die größten Änderungen betreffen jeweils die Wachstumsraten des ersten Quartals eines Jahres mit durchschnittlichen Revisionen von 0,3 Prozentpunkten. Für das erste Quartal 2013 wurde die Rate sogar um 0,4 Prozentpunkte gesenkt. Für die zweiten und vierten Quartale eines Jahres wurde eine durchschnittliche Korrektur der Wachstumsrate von etwa 0,1 Prozentpunkten vorgenommen. Nahezu unverändert sind die Wachstumsraten des dritten Quartals eines Jahres.
Eine mögliche Ursache für die stärkeren zyklischen Bewegungen könnte die geänderte Verbuchung der Investitionen sein, denn diese tragen maßgeblich zur Volatilität des Bruttoinlandsprodukts bei. Ein Vergleich zeigt, dass die neu berechneten jährlichen Veränderungsraten in den Aufschwungjahren 2010 und 2011 über denen der Mai-Veröffentlichung liegen, für die Jahre 2012 und 2013 dagegen deutlich unter den bisherigen Werten. Allerdings dürften bei den Korrekturen der vergangenen beiden Jahre die üblichen Datenrevisionen stärker zu Buche schlagen als die rein methodischen Anpassungen. Alles in allem ist aufgrund der niedrigen Ex-post-Daten davon auszugehen, dass die Prognosen für das Jahr 2014 nun deutlich nach unten revidiert werden. Aus Sicht der Wirtschaftspolitik spielt die aktuelle Revision der Volkswirtschaft-lichen Gesamtrechnungen eine Rolle für die Anwendung des Europäischen Stabilitätspaktes: Durch die statistische Erhöhung des Bruttoinlandsprodukts sinken Staatsschulden- und Defizitquote, und der Spielraum für öffentliche Defizite wird etwas weiter.