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Kommentar: Warum ist die Wirtschaftsleistung je Einwohner in allen ostdeutschen Ländern ähnlich hoch?

Das IWH veröffentlicht jeden Sommer eine Prognose für Ostdeutschland. Immer häufiger fragen Journalisten, ob nicht die Entwicklung in dem einen oder anderen Bundesland anders ausfallen müsste als im Osten insgesamt. Ist Sachsen nicht wirtschaftlich ein Musterknabe, und hinkt Mecklenburg-Vorpommern nicht oft hinterher? Der empirische Befund ist ein anderer: Trotz aller Unterschiede scheinen sich die Länder in ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eher anzugleichen. Wies im Jahr 1991 der Spitzenreiter in Ostdeutschland, das Land Brandenburg, noch ein um 18% höheres Bruttoinlandsprodukt je Einwohner auf als das damalige Schlusslicht (Thüringen), beträgt die Differenz gegenwärtig nur noch 6%; der Spitzenreiter ist jetzt tatsächlich Sachsen, und das Schlusslicht ist Mecklenburg-Vorpommern.

29. August 2014

Autoren Axel Lindner

Allerdings verschwindet die scheinbare Konvergenz, wenn das Bruttoinlandsprodukt nicht pro Kopf, sondern absolut betrachtet wird. So war etwa die Wirtschaft Sachsens 1991, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, um etwa 3/4 größer als die Sachsen-Anhalts, natürlich vor allem wegen der größeren Bevölkerung. 2013 betrug der Abstand fast 90%, obwohl die sächsische Produktion je Einwohner nur wenig schneller gewachsen ist als in Sachsen-Anhalt. Der Grund: Sachsen hat seit der Vereinigung jährlich im Schnitt „nur“ 0,6% seiner Bevölkerung verloren, Sachsen-Anhalt aber nicht weniger als 1%. Dahinter stehen unterschiedlich starke Wanderungen. Wo die wirtschaftlichen Perspektiven besonders schlecht schienen, etwa im Südharz, sind mehr Menschen abgewandert als anderswo. Die industriellen Kernräume Sachsen-Anhalts, etwa das Mitteldeutsche Chemiedreieck, fielen mit ihrem vergleichbar hohen Bruttoinlandsprodukt je Einwohner immer stärker ins Gewicht, und so blieb der Rückstand gegenüber Sachsen bei der Pro-Kopf-Produktion gering. Auf diese Weise hat die Migration dazu beigetragen, dass die Lebensverhältnisse zumindest zwischen den ostdeutschen Bundesländern gleichwertig blieben.

Übrigens kann in der jüngsten Prognose des IWH für Ostdeutschland nachgelesen werden, dass die Nettoabwanderung aus den ostdeutschen Flächenländern nach Westdeutschland in den vergangenen fünf Jahren immer weiter abgenommen hat. Seit dem Jahr 2012 dürfte sie niedriger als die Nettozuwanderung aus dem Ausland sein: Die Zahl der Zuzügler übersteigt die Zahl der Menschen, die Ostdeutschland verlassen.

Außerdem in diesem Heft

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Die „International Banking Library“

Matias Ossandon Busch J. Schneider Lena Tonzer

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 4, 2014

Abstract

Die Globalisierung von Finanzmärkten hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Gründe dafür sind gesteigerte Auslandsaktivitäten realwirtschaftlicher Unternehmen, die Einführung einer gemeinsamen Währung im Euroraum sowie die Deregulierung der Finanzmärkte. Ein Indikator für das Zusammenwachsen von Finanzmärkten sind zum Beispiel die drastisch gestiegenen Auslandsaktivitäten deutscher und französischer Banken. Diese internationalen Verflechtungen können einerseits positive Auswirkungen haben: Kapital kann dorthin fließen, wo es gebraucht wird, und Risiken können über nationale Grenzen hinweg gestreut werden. Andererseits können grenzüberschreitende Aktivitäten im Finanzsektor Ansteckungseffekte verursachen, indem sie Schocks international übertragen.

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IWH-Bauumfrage im zweiten Quartal 2014: Baukonjunktur verliert etwas an Schwung

Brigitte Loose

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 4, 2014

Abstract

Die Geschäfte der 300 vom IWH befragten ostdeutschen Bauunternehmen sind im Frühsommer 2014 nicht mehr ganz so gut gelaufen wie noch zu Jahresbeginn. Der Indikator für die aktuelle Geschäftslage gibt geringfügig, der der Geschäftsaussichten bis zum Herbst etwas deutlicher nach. Allerdings hatte die Bauproduktion zu Jahresbeginn vor allem dank eines ungewöhnlich milden Winterwetters und noch anstehender flutbedingter Baumaßnahmen außergewöhnlich stark angezogen.

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IWH-Industrieumfrage im zweiten Quartal 2014: Anhaltender Optimismus

Cornelia Lang

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 4, 2014

Abstract

Die ostdeutsche Industrie erwartet für die nächsten Monate gute Geschäfte. Das zeigen die Ergebnisse der IWH-Industrieumfrage unter rund 300 Unternehmen. Das Verarbeitende Gewerbe in Ostdeutschland gibt sich derzeit unbeeindruckt von den politischen Krisen in der Ukraine und im Nahen Osten. Die Geschäftslage hat sich nach dem starken Aufwärtsschub im ersten Quartal auf ihrem hohen Niveau gehalten. Sie wird lediglich um einen Saldenpunkt schwächer eingeschätzt. Der Saldo aus positiven und negativen Urteilen über die Geschäftsaussichten hat sich zum vierten Mal in Folge erhöht.

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Kommunale Kooperation und Effizienz: Das Beispiel der hessischen Abwasserentsorgung

F. Blaeschke Peter Haug

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 4, 2014

Abstract

Angesichts der teilweise prekären Finanzlage deutscher Kommunen gelten freiwillige Kooperationen im Kommunalbereich als mögliche Alternative, z. B. zu politisch heiklen Gebietsreformen, um Kostenersparnisse zu realisieren. Die Ergebnisse einer Effizienzstudie des IWH (in Kooperation mit der Universität Kassel) zeigen am Beispiel der hessischen kommunalen Abwasserentsorgung allerdings, dass sich nicht jede Form der kommunalen Zusammenarbeit bzw. Arbeitsteilung günstig auf die Effizienz der Leistungserstellung auswirken muss. Insbesondere die verbreitete Teilzweckverbandslösung schneidet hier eher ungünstig ab. Weitere Ergebnisse zeigen neben einem erheblichen Effizienzsteigerungspotenzial auch eine weitgehende Ausschöpfung von Größenvorteilen. Daneben bestätigt sich außerdem der erhebliche Einfluss demographischer und siedlungsstruktureller Faktoren für die effiziente Abwassersammlung und -behandlung.

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Kurzfassung: Ostdeutsche Wirtschaft: Kräftige Konjunktur im Jahr 2014, Rückstand gegenüber Westdeutschland verringert sich aber kaum mehr

Hans-Ulrich Brautzsch Franziska Exß Cornelia Lang Axel Lindner Brigitte Loose Udo Ludwig Birgit Schultz

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 4, 2014

Abstract

Die Wirtschaft in Ostdeutschland dürfte im Jahr 2014 recht kräftig (um 1,8%) expandieren. Damit ist der Rückstand zu dem Expansionstempo in Westdeutschland (2%) deutlich geringer als in den Jahren zuvor, obwohl Bevölkerung und Erwerbspersonenpotenzial in Ostdeutschland weiter fallen und im Westen steigen. Die Gründe für die Dynamik im Osten sind konjunkturell: Wichtige Exportmärkte für die ostdeutsche Wirtschaft liegen vor allem im Euroraum und in den mitteleuropäischen Nachbarstaaten, und deshalb profitiert Ostdeutschland von der – wenn auch zumeist sehr verhaltenen – Belebung der Konjunktur in diesen Ländern besonders. Der dämpfende Effekt des Nachfragerückgangs aus Russland im Zusammenhang mit dem russisch-ukrainischen Konflikt ist begrenzt, denn das Land nahm im Jahr 2013 nur 3½% der ostdeutschen Exporte ab. Auch veranlasst die gute Konjunktur die Unternehmen in Deutschland dazu, ihre Lager aufzufüllen. Davon profitiert speziell das ostdeutsche Verarbeitende Gewerbe, denn dort hat die Produktion von Vorleistungsgütern, die bei einem Lageraufbau besonders gefragt sind, ein großes Gewicht.

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Aktuelle Trends: Zu den Effekten der Generalrevision des Bruttoinlandsprodukts

Katja Drechsel

in: Wirtschaft im Wandel, Nr. 4, 2014

Abstract

Seit August 2014 werden in Deutschland die neuen Regeln des Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen 2010 (ESVG 2010) für die Berechnung des Bruttoinlandsprodukts angewendet.a Damit ergibt sich ein deutlicher Niveausprung in den Ursprungswerten nach oben, der vor allem aus der Zuordnung der Ausgaben für Forschung und Entwicklung resultiert. Diese werden nun als Investitionen und nicht mehr als Vorleistung verbucht. Ferner wurden datenbedingte Korrekturen und konzeptionelle Änderungen umgesetzt. Die jährlichen Wachstumsraten weichen bis zu 0,3 Prozentpunkte von den im Mai veröffentlichten Zahlen ab. Die generelle Wachstumsdynamik bleibt jedoch nahezu unverändert. Noch größer sind die Revisionen der vierteljährlichen saison- und kalenderbereinigten Werte.

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